Die Stadt wird nicht gerade schöner

Am Herrnberg ist eine überdimensionale Werbetafel aufgebaut worden - Die Veränderungssperre zieht nicht

Noch wirbt hier der Werbeflächenanbieter nur für seine neue Wand, aber bald sollen allerlei wichtige Botschaften die Augen der Passierenden auf sich ziehen.

Über Ästhetik muss man in diesem Fall nicht streiten. Nicht einmal die Aufsteller und Nutzer großflächiger Werbetafeln können in den allermeisten Fällen ernsthaft behaupten, mit ihren Anlagen zu einem schöneren Stadtbild beizutragen. Die sollen den Passierenden, ob im Auto oder auf Rad- oder Fußwegen unterwegs, direkt in die Augen fallen, um die Werbebotschaft an den Mann und die Frau zu bringen. Denn dafür bezahlen die Hersteller der beworbenen Produkte den Vermietern der Werbeflächen gutes Geld.

Das einzige, was auf der neuesten Anlage im Flörsheimer Stadtzentrum derzeit beworben wird, ist die Präsentationsfläche an sich („Seien Sie schneller als ihre Konkurrenz“). Dennoch hat der Eigentümer des nördlichen Grundstücks an der Ecke Kapellenstraße/Bürgermeister-Lauck-Straße, also direkt am Kreisel am Herrnberg-Areal, aus seiner Sicht einen Coup gelandet: Das Ding ist nun wirklich unübersehbar. Und schon zeigen sich die unterschiedlichen Interessen und Sichtweisen des Eigentümers, der sein Grundstück für die Monstertafel vermarktet hat und der Bürgerinnen und Bürger, die gerne in einer ansehnlichen Stadt leben würden.

Schlechte Nachricht für alle, die hoffen, dass sich das Monster über rechtliche Kniffe wieder aus der Welt schaffen lässt: Das dürfte kaum gelingen. Zum einen hat der Aufsteller sehr genau darf geachtet, dass der Aufbau nicht, wie man auf den ersten Blick denken könnte, in den öffentlichen Raum hineinragt. Der Bürgersteig, der an das Grundstück angrenzt, steht in der vollen Breite und Höhe weiter zur Verfügung, die Anlage ist zudem hoch genug, dass man als Fußgänger problemlos an der Säule vorbei- und unter der Werbetafel hindurchkommt.

Dass diese Veränderung im Stadtbild gerade jetzt geschieht, da sich Verwaltung und Politik verstärkt darum bemühen wollen, eine Neuordnung des Herrnberg-Areals nebst benachbarter Tankstelle und dem Grundstück, auf dem nun die Werbetafel emporwuchs, einzuleiten, ist sicher kein Zufall. Im Juli, in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, hat die Stadtverordnetenversammlung als ersten Schritt im Zusammenhang mit dem Aufstellen eines Bebauungsplans für das Gebiet (Flur 3) eine Veränderungssperre erlassen.

Dieses Instrument ist zum Beginn eines solchen Prozesses nicht unüblich. Es soll verhindern, dass Eigentümer von Grundstücken oder Immobilien schnell noch durch bauliche Maßnahmen Fakten schaffen, die den Zielen der B-Plangestaltung widersprechen oder etwa auch eine Wertsteigerung herbeiführen sollen, die dann zu Geld gemacht werden kann. Im Beschlusstext für den Herrnberg ist festgesetzt, dass „erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen“.

Und genau deshalb könnte die Stadt das Aufstellen weiterer solcher Anlagen nun untersagen, denn wesentliche, möglicherweise auch wertsteigende Veränderungen eines Grundstücks sind solche Anlagen allemal. Das Problem mit solchen Satzungen ist es aber grundsätzlich, dass sie niemals rückwirkend greifen. Die Veränderungssperre für das Herrnberg-Areal trat mit dem Tag der Entscheidung am 9. Juli in Kraft. Der Grundstückseigentümer am Kreisel hat da etwas geahnt oder gewusst. Jedenfalls ging der Bauantrag für die Werbetafel vor diesem Datum ein, wie die Stadtverwaltung erläutert. Und die musste, da somit rechtlich nichts dagegen sprach, diesen eben (nach der Rechtslage ohne Veränderungssperre) genehmigen.

Die Stadt findet das Ding auch nicht gerade gut. Verwaltung und Bürgermeister hätten vor Jahren bewusst entschieden, „auf solche Werbetafeln im Sinne des Stadtbildes und damit auch auf gewisse Einnahmen zu verzichten“, betont das Rathaus auf Anfrage. Man habe aber keinerlei Handhabe gegen die Aufstellung auf privatem Gelände, wenn dem nicht baurechtliche Vorschriften entgegenstehen. Dafür gab es bei der nun aufgestellten Anlage keinen Ansatzpunkt, wohl aber bei anders gelagerten Fällen. „Die Anträge zu weiteren Tafeln konnten aus diesem baurechtlichen Grund abgelehnt werden.“ Noch mal Glück gehabt...

Das Ziel der Neuordnung des nun noch weniger schmucken Areals wird, so ist es jedenfalls zu erwarten, nur über einen Erwerb der Gesamtfläche aus der Stadtkasse möglich sein. Davon ist man derzeit noch weit entfernt. Der Erlass eines Bebauungsplan ist da nur als erster Schritt zu sehen.

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