Mit einem Thema, das viele lieber verdrängen, lockte der Hospizverein Lebensbrücke am Samstagabend rund 150 Besucherinnen und Besucher in die Stadthalle: den Tod. Doch wer bei diesem Titel Schwere und Traurigkeit erwartet hatte, wurde überrascht. Die vierköpfige Formation "Karin Simon & Band" aus der Oberpfalz servierte ihr Kabarettprogramm mit Humor, Musik und entwaffnender Ehrlichkeit und nahm dem Unausweichlichen so seinen Schrecken.
Zum Auftakt begrüßte Vereinsvorsitzende Christa Hofmann das Publikum. "Wir, der Hospizverein Lebensbrücke, heißen Sie alle heute Abend willkommen!", sagte sie. Der Verein, 1998 gegründet, habe in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass im Main-Taunus-Kreis ein stabiles Netzwerk aus Ärzten, Pflegediensten und Palliativteams entstehen konnte. Hofmann berichtete von 280 ausgebildeten Hospizhelferinnen und -helfern, stellte die Kindertrauergruppe "Brückenbauer" und das "Weg ins Leben-Café" vor und kündigte ein neues Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene an. "Wir wollen in allen Altersgruppen Ansprechpartner sein – vom Grundschulkind bis zum Seniorenalter", so Hofmann.
Dann betraten sie die Bühne: Karin Simon, Monika Zintl, Isolde Baldauf und Frank Wendeberg . Seit 2014 touren die vier durch ganz Deutschland – mit einem Programm, das den Tod aus der Tabuzone holt. "Wir setzen uns mit todsicheren Absichten auseinander und begleiten Sie ins Jenseits – zumindest musikalisch", versprach Simon augenzwinkernd zu Beginn.
Von da an folgte eine Achterbahnfahrt zwischen Lachen und Nachdenken. Das Tabu, dass man über Sterben nicht sprechen darf, galt in dieser Show nicht. Stattdessen ging es um die ganz praktischen Fragen: Wie bereitet man sich vor? Was bleibt im "letzten Reisekoffer"? Und wie kann man würdevoll, vielleicht sogar mit einem Lächeln, sterben?
Schon früh wurde laut gelacht. In einem Lied sinnierte eine Witwe darüber, dass sie ihrem verstorbenen Mann nun keine Pilze mehr zubereiten könne. "Er hat sie so geliebt – gesammelt, gebraten, verschlungen. Aber jetzt…", seufzte sie und das Publikum lachte befreit.
Auch die Vorbereitungen der eigenen Beerdigung boten reichlich Stoff für Satire. "Ich habe schon einen Bestatter meines Vertrauens", sang Karin Simon, "und natürlich auch eine Gästeliste fürs Leichenmahl." Besonders die Vorstellung eines üppigen Buffets mit Bratensoße, Knödeln und Crème brûlée nach der Beerdigung sorgte für Heiterkeit. "Da reicht es locker für drei, vier Tage und wenn’s gut ist, für die nächste Beerdigung gleich mit", hieß es augenzwinkernd.
Eine Szene karikierte gierige Verwandte, die nur auf das Erbe warten. "Ich seh’ sie schon, die Geier, wie sie hoffen, dass es schnell geht", hieß es in einem Lied. Während im Saal herzhaft gelacht wurde, schwang die Frage mit: Was bleibt wirklich von einem Menschen?
Zwischen all den Pointen gab es immer wieder stille Augenblicke. Wenn Karin Simon von ihrer Arbeit als Sterbeamme erzählte, wurde es mucksmäuschenstill. "Wenn du nicht weißt, was du sagen sollst, dann sag genau das", erklärte sie. Hier zeigte sich die besondere Stärke des Programms: Es erlaubt, das Unaussprechliche in Worte zu fassen, ohne zu belehren.
Auch das Thema "würdevoll sterben" fand seinen Platz. "Wir alle wünschen uns, dass wir am Ende in Frieden gehen können und dass unsere Lieben mit guten Erinnerungen zurückbleiben", so Simon. In ihren Liedern bauten sie Brücken zwischen Ernst und Leichtigkeit, zwischen Trost und Gelächter.
Zum Finale erklang ein Lied, das die Botschaft des Abends auf den Punkt brachte: "Das Leben ist kurz, also lach und tanz, weil du dich, wenn du tot bist, ausruhen kannst." Mit diesem Abschied setzte das Quartett den Schlusspunkt eines ebenso nachdenklichen wie heiteren Programms. Der langanhaltende Applaus und die stehenden Ovationen machten deutlich: An diesem Abend hatte der Tod ein Stück seines Schreckens verloren.
So mancher Gast verließ die Stadthalle an diesem Abend nachdenklich und zugleich erleichtert. "Ich hätte nie gedacht, dass man über Tod und Sterben so herzlich lachen kann", meinte eine Besucherin beim Hinausgehen. Genau das ist das Anliegen von "Zum Sterben schön": Den Tod enttabuisieren, ihm ins Gesicht lachen und dem Leben damit ein Stück mehr Leichtigkeit geben.


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