Wickerer Kreisel: Genehmigungsfähiges Arrangement aus Blumen und Steinen / Raserei in der Kirschgartenstraße
Was lange währt, wird endlich gut, so sagt man. Ursprünglich sollte es allerdings sehr gut werden. "Es", das ist die Innenfläche des Kreisels in der Kirschgartenstraße, um deren Gestaltung lange gerungen wurde. Die vom damaligen Bürgermeister Michael Antenbrink öffentlich vorgestellten Vorschläge waren in Wicker durchgefallen – sowohl bei der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger als auch im Ortsbeirat. Zu gewagt, zu aufwendig, zu teuer lautete seinerzeit die Kritik. Obendrein stammten die Skizzen von einem in Bad Weilbach wohnenden Künstler. Und das geht, jedenfalls in Wicker, schon mal gar nicht.
Also wanderten die ersten Entwürfe in die große Ablage. Im Orte wurden sodann Gestaltungsideen gesammelt, über die sich Mitglieder des Ortsbeirates in einer Arbeitsgruppe Gedanken machten. Schlussendlich einigte man sich auf ein Modell, in dem das Tor zum Rheingau und das Wickerer Wappen als favorisierte Elemente vereint waren – allerdings zu einem recht hohen Preis. Deshalb hatte der Ortsbeirat diesem Entwurf nur vorbehaltlich der Kosten zugestimmt. Als ärgstes Hindernis sollten sich jedoch nicht die Kosten, sondern die Auflagen von Hessen Mobil erweisen: Tor (respektive Bogen) und Wappen wurden als potentielle Gefahr für Leib und Leben und somit als nicht genehmigungsfähig erachtet. All jene Autofahrer, die in der Kirschgartenstraße gerne etwas flotter als erlaubt unterwegs sein möchten und trotzdem unbeschadet ans Ziel kommen wollen, dürfen erleichtert sein.
Eine möglichst barrierefreie Kreiselmitte ist also gefragt, denn keine Fahrt soll unfreiwillig am Wickerer Wappen enden. Zwar hatten benachbarte Kommunen ihre Kreisel mit ziemlich gewagten Aufbauten verziert, doch in Flörsheim nahm man die Vorgaben aus der Landeshauptstadt ernst und tüftelte daran, in Wicker auf Wohlgefallen und in Wiesbaden auf Wohlwollen zu stoßen.
Weder Lob noch Tadel
Am Montagabend legte Bürgermeister Dr. Bernd Blisch in der Sitzung des Wickerer Ortsbeirates den Gestaltungsvorschlag der Stadtverwaltung vor. Hessen Mobil hatte die Skizze vorab erhalten und sie nach vermutlich überaus gründlicher Prüfung – die Stadt musste immerhin mehrere Monate auf eine Antwort warten – für annehmbar befunden. Es handelt sich um ein Arrangement aus Blumen und Steinen, das in der Prinzipskizze wie folgt charakterisiert wird: "Gleich einem Regentropfen 'fällt' die Gestaltung in die Mitte von Wicker – in die Kirschgartenstraße, die der Kreisel teilt." Trotz aller Lyrik erfuhr die recht konventionelle, aber relativ kostengünstige und vor allem genehmigungsfähige Variante im Ortsbeirat weder Lob noch Tadel. Im Rahmen des von Hessen Mobil Ermöglichten darf der Boden der Mittelinsel (Durchmesser 14 Meter) im Zentrum einen Meter höher liegen als an den Rändern. Auf der entsprechend sanft ansteigenden Fläche könnten dem Entwurf zufolge (von außen nach innen) flacher Kirschlorbeer sowie rote und weiße Rosen ringförmig angelegt werden. Dazwischen verlaufen Sandsteinplatten, die nicht nur eine optische Aufwertung bedeuten, sondern auch einen praktischen Nutzen haben; sie erleichtern den Zugang, wenn etwa die Pflanzen zu gießen sind oder einmal etwas repariert werden muss. In der Mitte, also am höchsten Punkt, könnte eine Säulenzierkirsche oder, als buschigere Variante, eine Zwerg-Blutpflaume (beide maximal 2,50 Meter hoch) gepflanzt werden. Konvex um den Baum liegend soll, in Richtung Weilbach weisend, der Schriftzug "Wicker Tor zum Rheingau" zu lesen sein, während man die aus Richtung Hochheim kommenden Verkehrsteilnehmer mit einem großen Wickerer Wappen, gestreut aus mehrfarbigem Ziersplitt, willkommen heißen möchte; für Besucher aus Richtung Massenheim oder Flörsheim ist dagegen kein gesonderter Gruß vorgesehen.
Laut Bürgermeister Blisch sollen zwecks Umsetzung der Pläne zuerst Landschaftsgärtner und Handwerker aus Wicker angefragt werden. Die Pflege der Pflanzen könne durch eine Gärtnerei erfolgen, die im Gegenzug ein Werbeschild auf dem Kreisel platzieren dürfe, so Blisch. Über die Kosten könne man noch nichts Genaues sagen, sie würden aber deutlich unter denen eines großen Aufbaus liegen. Mit der Gestaltung der Kreiselmitte soll, wie der Bürgermeister betonte, "auf jeden Fall" noch im laufenden Jahr begonnen werden.
65.000 Fahrzeuge in einer Woche
Im Rahmen dieser Maßnahme soll auch der beschädigte flache Rand der Kreiselmitte durch eine höheren, nicht mehr befahrbaren Absatz aus Beton ersetzt werden, teilte Erste Stadträtin Renate Mohr mit. Die Schäden waren durch schwere Lastwagen verursacht worden. Lkw über 7,5 Tonnen dürfen jedoch, sofern kein Anliegen innerhalb der Kommune vorliegt, nicht durch Wicker fahren. Eine entsprechende Überprüfung durch Ordnungsamtsmitarbeiter sei schwierig, zumindest tagsüber aber möglich, hieß es seitens der Verwaltung.
Nach Angaben des Wickerer Ortsvorstehers Christopher Willmy fuhren zwischen dem 16. und 23. August 2019 etwa 65.000 Fahrzeuge, darunter 4.500 Lkw, Sprinter und Lastzüge, durch die Kirschgartenstraße. Messungen hätten ergeben, dass sich neun von zehn Autofahrern an die dortige Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 Stundenkilometern halten würden, berichtete der stellvertretende Ordnungsamtsleiter Sascha Colak. Andererseits waren einige Autofahrer deutlich zu schnell – der "Spitzenreiter" brachte es auf sage und schreibe 97 Stundenkilometer. Raser treten laut Messergebnis vor allem am späten Abend und in der Nacht in Erscheinung, vornehmlich aus Richtung Hochheim kommend. Um sie zur Raison zu rufen, wäre eine feste Blitzanlage ein probates Mittel; allerdings seien 90 Prozent der Autofahrer mit moderatem Tempo unterwegs, weshalb die zuständige Polizeiakademie einen solchen Blitzer nicht genehmigen werde, so Colak. Möglich sei indes, wie von der CDU-Ortsbeirätin Claudia Müller angeregt, die Installation einer Geschwindigkeitsanzeigetafel mit Smiley. Ob sich notorische Temposünder von einem finster dreinblickenden Emoticon beeindrucken lassen, wird man sehen. Die Einrichtung eines Zebrastreifens inklusive "Vorwarnung" mit Blinklicht auf der Querung nahe den Mündungsbereichen Taunusstraße/Am Steinweg, wie von Luana Schnabel (CDU) vorgeschlagen, wäre eine weitere Option. "Aber auch für Fußgängerüberwege gibt es detaillierte Bestimmungen", gab Colak zu bedenken. Die Stadtverwaltung will prüfen, welche Maßnahmen zur Geschwindigkeitsdrosselung in der Kirschgartenstraße realisierbar sind.
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