Namibia nimmt an Eisstock WM teil

Überraschende Ergebnisse

FLÖRSHEIM (em) – Es kommt nicht so oft vor, dass ein Flörsheimer an einer Weltmeisterschaft teilnimmt. Detlef Pfeifer ist das nun schon zum zweiten Mal gelungen. Bereits im Vorfeld der Weltmeisterschaft berichtete die Flörsheimer Zeitung von dem Vorhaben des Flörsheimer Auswanderers.

 

1996 war er von seinem damaligen Wohnort in der Nachbarschaft Pérols', unserer französichen Partnerstadt, in die ehemalige deutsche Kolonie im Südwesten Afrikas ausgewandert. Seitdem ist er an verschiedenen Schulen als Deutschlehrer tätig. Vor 2? Jahren übernahm er zusätzlich die Leitung der Bibliothek des Goethe-Zentrums in Windhoek.
Wie kommt man nun auf die Idee, in einem Wüstenland Eisstock zu spielen?
In der Tat machte Pfeifer erst in Namibia mit dem Eisstocksport Bekanntschaft. Vor 9 Jahren ersannen kühne Unternehmer die Idee, eine Eissporthalle in Wüstenland zu bauen und nahmen Kontakt zwecks Erfahrungsaustausch mit Kollegen aus Graz in Östereich auf. Der Zufall wollte es, dass Graz ein Jahr später Austragungsort der Eisstock Weltmeisterschaft war. Kurzerhand organisierten Verantwortliche vor Ort Eisstöcke zum Transport nach Namibia und aus einer Schnapsidee wurde Wirklichkeit. Ohne große Erfahrung, jedoch mit Mut, machte man sich auf den Weg nach Graz. Dass man erst dort so richtig erfuhr, wie man den Sport so betreibt, wurde den Mannen erst vor Ort bewusst. Ein Ziel hatte man aber damals schon erreicht. Man wollte nicht Letzter werden! Und tatsächlich wurde das afrikanische Team Vorletzter.
Als ein Jahr später der erste Afrika-Cup in Windhoek ausgetragen wurde, erfuhr auch Detlef Pfeifer vom Team. „Ich habe Berichte in der Windhoeker Allgemeinen Zeitung gelesen. Das hat sofort mein Interesse geweckt und mich sogar an meine Zeit in Südfrankreich erinnert.“ Eisstockschießen wird nämlich auch mit „Petanque sur Glace“, also Boule auf Eis übersetzt.
Schon ein halbes Jahr später wurde Detlef Pfeifer zum Vize-Präsidenten des Namibischen Eisstockverbandes gewählt. Im August 2007 kamen auch die ersten sportlichen Erfolge hinzu. Der Flörsheimer schlug mit seiner Mannschaft den Lokalrivalen Kenia mit 22:0 und wurde zum ersten Mal Afrikameister. Zwei Jahre später, diesmal auf kenianischem Boden als Kapitän des Teams Namibias, konnte der Erfolg wiederholt werden. Mitterweile zählt Pfeifer neben den zwei Kontinentaltitel auch noch 5 Landesmeisterschaften zu seinen Erfolgen. 
Der sportliche Erfolg scheint in den Genen der Familie Pfeifer zu liegen. Schon seine Mutter, ebenfalls lange wohnhaft in Flörsheim, war in den 30er Jahren Deutsche Meisterin im Kunstradfahren. Schwester Marion erlernte das Fußballspielen bei SV 09, bevor sie mit dem FSV Frankfurt deutsche Meisterschaften und DFB Pokalsiege errungen hat.
 Aber zurück zur WM Teilnahme 2012 im bayrischen Waldkraiburg. 
Als äußerst schwierig erwiesen sich die Vorbereitungen zur WM Teilnahme. Pfeifer, mittlerweile Präsident des Eisstockverbandes, war nun vor die Aufgabe gestellt, das Team zur Weltmeisterschaft zu führen. Trotz einer ersatzgeschwächten Mannschaft gelang es auch diesmal, das gesteckte Ziel zu erreichen. Bescheiden gab man als Parole aus: „Einfach nur einen Platz besser abschneiden als bei der letzten WM.“ Hört sich leicht an, doch wenn man in Betracht zieht, dass die Mannschaft seit Juli 2009 keine offizielle Spielmöglichkeit mehr hat und auf einer viel zu kleinen Spielfläche auf der Terasse des Goethe Zentrums spielt, klingt die Zielvorgabe schon eher gewagt. Letztendlich haben es aber beide Mannschaften aus Namibia geschafft, sich genau um den einen Platz nach vorne zu spielen. Die Herrenmannschaft mit Detlef Pfeifer wurde 8. von 13 Mannschaften, in der B-Gruppe die Damen sogar 4.
 Großes Aufsehen in der Medienlandschaft erregte das Team Namibia mit seinem Spieler Jessie Mweshipopya vom Stamme der Kwanyama. Zahlreiche Tageszeitungen berichteten vom Auftreten des Namibischen Teams unter Leitung des Flörsheimers. Mit der Saarbrücker Zeitung, Frankfurter Neue Presse, Süddeutsche Zeitung und der größten bayrischen Zeitung TZ seien hier nur die wichtigsten aufgeführt. Im Internet landete die Meldung auf Sportportal.de als „Top des Tages“ und Eurosport.de war es die einzige Meldung der gesamten WM wert. Auch im Radio (HR3) und sogar bei SAT 1 war Detlef Pfeifer während der WM ein gefragter Interviewpartner. Der Sender berichtete von dem tollkühnen Vorhaben des Mitspielers Jessie Mweshipopya bei einer Eisstock Weltmeisterschaft teilzunehmen. Mweshipopya ist einer der zwei Spieler der Herrenmannschaft ohne deutsche Wurzeln, er arbeitet zeitweise bei Detlef Pfeifer als Gärtner. Weniger als 300 Euro im Monat verdient er, da bleibt nichts übrig zum Sparen für eine Eisstock WM. Jessie hat es mit Hilfe der Mannschaft und einiger Sponsoren aus Flörsheim geschafft und wurde bei seinem Auftritt im Einzelwettbewerb von den Zuschauern tatkräftig unterstützt. Der Lohn: ein ehrenwerter 31. Platz unter 50 Teilnehmern (Pfeifer landete übrigens nur 3 Plätze hinter Mweshipopya, mit einem ebenfalls ansprechenden Ergebnis).
Als Sieger fühlt sich aber der gesamte Eisstockverband. Der Bekanntheitsgrad der afrikanischen Eisstockschützen ist eine notwendige Voraussetzung, um weitere Sponsoren zu gewinnen. Die Sportler um Pfeifer haben nun ein weiteres ehrgeiziges Ziel: Die Misere um einen geeigneten Trainingsplatz soll nun ein Ende haben. In Windhoek soll 2012/2013 die erste Eisstockbahn Afrikas entstehen.

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