2.500 Young- und Oldtimer in der Stadt

Hattersheim präsentierte sich bei den 32. Klassikertagen am letzten Wochenende von der besten Seite

Moderator Bern Schultz begrüßte alle Fahrzeuge mit großer Fachkenntnis.

„Unsere Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen“, betont Natascha de Coster, die Leiterin des Referates Kultur der Stadt Hattersheim. „Rund 2.500 Fahrzeuge konnte man begrüßen, etwa 40.000 Menschen waren auf den Beinen, am Sonntagnachmittag gab es kaum noch ein Durchkommen.“ Willkommen waren Youngtimer, Fahrzeuge mit einem Alter von mindestens 20 Jahren, und natürlich Oldtimer, die über 30 Jahre alt sind. Letztere kann man oftmals an den H-Kennzeichen erkennen. Die Veranstaltung war nach der Pandemie-Zwangspause eine Premiere, denn die Stadt Hattersheim hatte sie in eigener Regie organisiert. Beteiligt waren das Referat Kultur, die Stabsstelle Wirtschaftsförderung und das Kulturforum Hattersheim e.V.

Ein besonders geschickter Schachzug der Organisatoren war, dass man Bernd Schultz für die Moderation gewinnen konnte. Er war schon freitags angereist und stand am Samstag um halb acht zur Moderation bereit. Lange warten musst er nicht, denn schon ab acht Uhr rollten die ersten Autos ein, aber auch Motorräder und einige wenige Fahrräder. Jedes Gefährt wurde von ihm begrüßt, schon von Weitem erkannte er die Marke und konnte das Baujahr gut abschätzen. Er hielt auch so manche kleine Geschichte bereit. „Wo ist das Zündschloss beim Saab? Antwort: Unten an der Gangschaltung.“ Auch die „Kosenamen“ der Fahrzeuge wusste er zu nennen - der „Barockengel“ (BMW 502 V8) oder die „Göttin“ (Citroen DS). Allein am Marktplatz zu verweilen, die ankommenden Autos zu bewundern und Bernd Schultz zuzuhören, war schon ein unterhaltsames Programm.

Tatkräftig unterstützt wurde er durch die Mitarbeiter*innen der Stadt Hattersheim. Sie waren im Vorfeld gefragt worden, ob sie die Veranstaltung begleiten wollen, was die überwiegende Mehrheit gerne machte. Es wurden viele Helfende für die Betreuung der Aussteller, wie beispielsweise die Einweisung der Fahrzeuge benötigt. Sie freuen sich darüber, ihre Stadt so positiv präsentieren zu können, sagte einer der Angestellten.

Aber es gab noch so viel mehr zu sehen, zu bestaunen und zu erfahren. Andreas Flettner, der Klimamanager der Stadt Hattersheim, hatte im Innenhof des Alten Posthofs die Ausstellung „Mobilität von A - Z“ organisiert. Sein Ziel war es, parallel zu den vielen Verbrennerautos zu zeigen, dass es inzwischen andere Wege der Mobilität gibt. So fand man in dem Ausstellungsbereich Elektroautos, traf aber auch Stefan Ruppert an, der das Konzept des e-Carsharings vorstellte, das in Kriftel schon recht erfolgreich ist. Am Zugang zum Innenhof standen die Fahrradanhänger, die man kostenlos bei der Stadt ausleihen kann. Wer den Flettner-Roller, konstruiert von Anton Flettner aus Eddersheim, einem Vorfahren von Andreas Flettner, übersehen hat, muss nicht traurig sein, da das Fahrzeug demnächst im neuen Stadtmuseum in Hattersheim ausgestellt wird.

Die Weiherwiese und der Hessendamm hatten sich an beiden Tagen schnell mit Autos gefüllt. Die Besitzer hatten oftmals neben ihren Autos Campingstühle, teilweise mit Tischen, aufgebaut und freuten sich, wenn sie von den Besuchern angesprochen wurden. „In USA ist ein großer Markt für VW-Ersatzteile, die kann man alle online bestellen“, erklärte der Besitzer von „Didi“. Nummer, Farbe und auch sonst alles an dem Käfer „Didi“ war dem „Herbie“ aus dem Film „Ein flotter Käfer“ nachempfunden. Das Auto wurde nach dem Kauf restauriert, so dass es zu 80 Prozent neu war. „Wenn man einen Oldtimer besitzt, dann braucht man sich keine Sorgen zu machen, dass man eine Depression bekommt“, war die Meinung des stolzen Besitzers. „Man fährt dann nur mal eine Stunde raus und schon wird man von netten Leuten angesprochen und die Stimmung erhellt sich wieder“.

Dass die Aussteller*innen viel Humor haben, konnte man auch an dem Bembelkäfer sehen: Nicht nur die bembelmäßige Dekoration war toll, sondern auch der Hinweis auf dem Nummernschild: Für uns gilt die StVO – Stöffche Verordnung.

Auf dem Posthof-Parkplatz konnte man einen Ford aus dem Jahr 1923 bestaunen. Ob er schon einhundert Jahre alt ist oder erst noch Geburtstag hat, wusste der Besitzer nicht zu sagen. Er hatte schon am 1. Januar gefeiert. Gerne erzählte er, dass er den Ford vor vier Jahren übernommen hat und einen weiteren aus dem Jahr 1919 besitzt. Er hat das große Glück, dass er seine ehemalige eigene Werkstatt in Kelsterbach nun für seine Oldtimer benutzen kann. Sein Nachbar auf dem Parkplatz, Uwe Schulz, ist Polizist und hat sich den französischen Nachbau eines amerikanischen „Military Police“-Autos, einen Jeep Willys MB, Baujahr 1961, zugelegt. Damit reist er oft nach Belgien zu Treffen mit anderen Besitzern solcher Fahrzeuge. Ein Hanomag, zweifelsohne eins der größten Ausstellungsstücke, soll von seinen Besitzern, einem Paar mit Hund, für eine große Afrikatour benutzt werden. „Auf der Autobahn erreicht man mit ihm 70 Kilometer pro Stunde, am Elzer Berg natürlich weniger“, wurde berichtet.

Am Samstag waren schon viele Menschen unterwegs, dieses wurde aber bei Weitem am Sonntag übertroffen. Eine Besonderheit an diesem zweiten Tag waren die Traktoren in der Frankfurter Straße. Auch hier konnte man so manche Hintergrundgeschichte erfahren. Klaus Rapp war mit seinem Güldner Ackerschlepper, Baujahr 1951, aus Kronberg angereist und erlaubte der kleinen Lia, sich einmal auf den Traktor zu setzen. Lia hatte ihre Oma besucht, die in Hattersheim wohnt und war begeistert von dem Traktor und hatte auch schon am Samstag die vielen Attraktionen für Kinder genossen. Sie und ihre Oma stimmten zu, das Kinderprogramm sei gigantisch, allein die vielen Spielmöglichkeiten auf dem Bolzplatz der Robinsonschule, das Karussell und dann noch Clown KLINKI.

Alle Parkplätze für Young- und Oldtimer waren um die Mittagszeit voll besetzt, und das an beiden Tagen. Viele Aussteller reisten nur an einem Tag an, so dass es immer ganz unterschiedliche Fahrzeuge zu bestaunen gab. Carlos und Diana Kühn hatten am Sonntag einen schönen Platz am Weiher ergattert. Sie kamen aus Offenbach und präsentierten ihren Chevrolet Bel Air, Station Wagon Woody, aus dem Jahr 1954. Sie waren schon vorher bei den Klassikertagen gewesen, aber mit anderen Autos. Sie fahren ihren Chevrolet regelmäßig und waren letztes Jahr mit ihm in Schweden. Sie seien gar nicht aufgefallen, erzählten sie, denn es gäbe dort viele solcher Autos. Inzwischen haben sie sich sogar noch einen passenden Anhänger zugelegt, der am Sonntag aber noch nicht bewundert werden konnte.

„Die Klassikertage sind in der Oldtimerszene sehr gut bekannt“, erklärte Thomas Reinehr, ein Oldtimer-Experte aus Wiesbaden-Nordenstadt. Man habe schon ungeduldig auf das jetzige Event gewartet. Er ist ein guter Kenner der Szene und hatte am Samstag seinen Oldtimer mitgebracht und zusätzlich für die „Freizeit-Treffs“ eine Gruppe von zwölf Interessierten herumgeführt. Diese waren begeistert von der Atmosphäre und der Vielfalt, auch wenn sie bis dahin keine Oldtimer- oder Auto-Fans waren.

Mit den 32. Klassikertagen ist der Stadt Hattersheim eine ganz besondere Veranstaltung gelungen. Neben den Autos, die die Hauptrolle spielten, gab es eine Menge Sehenswertes, so beispielsweise Informationen zur Errichtung von Ladesäulen. Auch Sachverständige machten auf ihre Expertisen aufmerksam. Bei der Freiwilligen Feuerwehr Hattersheim, die sich mit großen Wagen präsentierte, konnte man sonntags Lose kaufen. Zu jeder vollen Stunde wurde ein Gewinner ausgelost, der dann mit der Drehleiter eine Runde in luftiger Höhe fahren durfte. Zur weiteren Unterhaltung hatten die Organisatoren für Musikeinlagen durch die Big Feet Boys, den Drehorgelspieler Herbert Jack, das Duo „Twin Set“, die Stan Glogow´s Dixie-Dogs und Fräulein J & die Tournedos gesorgt. Hungrige konnten sich mit Bratwürsten, Kuchen oder Crêpes versorgen. Auch Getränke flossen reichlich. Ein besonderer Höhepunkt war der verkaufsoffene Sonntag, an dem sich viele der Hattersheimer Geschäfte beteiligten.

Bernd Schultz brachte es am Ende der Veranstaltung auf den Punkt: „Wir werden gleich am Montag anfangen, die nächste Veranstaltung vorzubereiten. Für das nächste Jahr gibt es schon neue Ideen.“ Den Termin kann man sich jetzt schon notieren: 33. Klassikertage am 25. und 26. Mai 2024.

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