So schnell ändern sich die Zeiten: Im Mai 2021 präsentierten die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU, FDP und Freien Wählern wenige Stunden vor der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung im Rahmen einer Videopressekonferenz ihren neuen Koalitionsvertrag, und einer der damaligen Eckpunkte war das geplante Ende der Position des Ersten Stadtrats nach dem Ausscheiden von Karl Heinz Spengler im April 2023.
Karl Heinz Spengler kündigte an, dann "mit einem lachenden und einem weinenden Auge" aus dem Amt auszuscheiden. "Vor fünf Jahren wusste ich ja, worauf ich mich einlasse", rief der amtierende Erste Stadtrat in Erinnerung. Und obwohl ihm die Arbeit nach wie vor viel Spaß bereite und er eine positive Bilanz ziehen könne, insbesondere im Bereich der Jugend- und Seniorenarbeit, wird er nun mal 2023 immerhin 67 Jahre alt, und er freue sich deshalb natürlich auch schon ein wenig auf den verdienten Ruhestand.
Angesichts der frisch gewonnenen absoluten Mehrheit hätte man vor diesem Hintergrund seitens der CDU durchaus den Willen äußern können, die Position künftig ebenfalls aus den eigenen Reihen zu besetzen. "Darauf verzichten wir aber", stellte Schindling seinerzeit im Pressegespräch fest: Das Amt des Ersten Stadtrats sollte also eigentlich zunächst unbesetzt bleiben. Dies sollte auch als ein "Zeichen an den Bürger" verstanden werden, so Bürgermeister Schindling damals, weil so eine hauptamtliche Position auch ein enormer Kostenfaktor im Stadthaushalt sei. Man sah sich vor knapp anderthalb Jahren noch imstande, das alles organisatorisch auch anders lösen zu können. und dank der politischen Verhältnisse nach der letzten Kommunalwahl sah es durch die absolute Mehrheit der Christdemokraten auch so aus, dass kein Partner ein entsprechendes Besetzungsrecht für sich hätte beanspruchen können. Ergo bezeichnete Schindling den Verzicht als "Politik mit Augenmaß und Wirtschaftsverstand".
Nun kommt es doch anders: Die Stadt Hattersheim am Main wird für den Rathauschef nicht minder anstrengend, auf dem weiteren Weg hin zur "Digital City" haben er und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung immer mehr Projekte gleichzeitig im Blick. Krisen wie die nach wie vor grassierende Corona-Pandemie, die erdrückende Inflation und die ungewisse Zukunft der Energieversorgung angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine steigern die Arbeitslast noch weiter, und dies auf durchaus stressige Art und Weise.
So kommt es, dass zur Stadtverordnetenversammlung am nächsten Donnerstag der Magistrat eine Vorlage in petto hat, derzufolge nun doch die Stelle einer Ersten Stadträtin oder eines Ersten Stadtrats ausgeschrieben werden soll. Und an dieser Stelle kann man bereits auf gut Neudeutsch spoilern: Es ist mittlerweile durchgesickert, dass eine Frau dieses Amt künftig in Hattersheim bekleiden soll. Die 43-jährige Heike Seibert aus Niedernhausen, seit 2015 Leiterin der Kreisgeschäftsstelle der CDU Main-Taunus, ebenso Fraktionsgeschäftsführerin und seit 2021 Mitglied der Hattersheimer CDU und dort Stellvertretende Vorsitzende im Parteivorstand, wird aller Voraussicht nach zum 1. Mai 2023 neue Erste Stadträtin.
Die Aufgabe des Wahlvorbereitungsausschusses soll der Haupt- und Finanzausschuss wahrnehmen; Vorbereitung und Ausschreibung haben laut Magistratsvorlage so zu erfolgen, dass "die Wahl spätestens im Januar 2023 in der Stadtverordnetenversammlung durchgeführt werden kann". Es ist also entweder schon in der Sitzung am 8. Dezember diesen Jahres oder am 22. Februar 2023 damit zu rechnen, denn im Sitzungskalender der Stadt ist für Januar keine solche Versammlung vorgesehen.
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