Klezmers Techter hinterlassen unvergessliche Eindrücke

Mit einem Jahr Verspätung: Mitreißendes Konzert unter den Bäumen der Alfred-Embs-Anlage

Ob unter dem Pavillon oder unter dem eigenen Regenschirm - alle Zuhörerinnen und Zuhörer hatten viel Spaß an der lebendigen Musik von Klezmers Techter.

Eigentlich sollten sie schon im letzten Jahr nach Hattersheim kommen – da kam Verletzungspech bei den Musikerinnen dazwischen. Und eigentlich sollten sie auch „…über den Dächern“ von Hattersheim, nämlich in der Veranstaltungsreihe auf der Dachterrasse der Hawobau in der Friedensstraße, spielen. Da macht jedoch seit einiger Zeit Corona einen Strich durch die Rechnung. Nochmal eigentlich hätte das Wetter besser sein können.

Aber tatsächlich war der lange erwartete Auftritt von Klezmers Techter im Rahmen der Veranstaltungen von GartenRheinMain der KulturRegion FrankfurtRheinMain in Kooperation mit dem Hattersheimer KulturForum e. V. und dem Stadtteilbüro der Hawobau unter den Bäumen der Alfred-Embs-Anlage auch bei anfänglichem Regenwetter ein unvergessliches Erlebnis für alle Zuhörer – von denen es in der Anlage ja sogar mehr geben konnte, als zu „Nicht-Corona-Zeiten“ auf der Dachterrasse.

Beschrieb Gastgeber Hawobau-Geschäftsführer Holger Kazzer in seiner Begrüßung Klezmers Techter als „hochkarätig, leidenschaftlich und besinnlich“ („ich habe schon mal auf der Homepage geschaut“, gestand er schmunzelnd), so traf er damit genau die richtigen Worte. Und mit den Worten „das 'draußen' nehmen wir gerne in Kauf, wir freuen uns, überhaupt wieder Kulturveranstaltungen anbieten zu können“ sprach er sicher nicht nur den Künstlerinnen, sondern auch dem Publikum aus dem Herzen - kein Stuhl wurde an dem Abend wegen des Regenwetters und der frischen Temperaturen geräumt.

Kazzer begrüßte auch den Hattersheimer Kulturdezernenten und Ersten Stadtrat Karl Heinz Spengler zu dem musikalischen Abend. Spengler freute sich ebenfalls auf den „Musikgenuss der besonderen Art“: „Klezmers Techter habe ich schon mal erleben dürfen, das war großartig – sie werden ihre Freude haben!“, versprach er dem Publikum. Sogar in Sachen Regen konnte er beruhigen: „Das hört in zehn Minuten auf“, sah er voraus. Zwar mag es etwas länger gedauert haben, aber am Ende behielt er auch damit recht.

Die drei Vollblutmusikerinnen Gabriele Kaufmann (Gründerin des Ensembles, sie spielt Klarinette und Bassklarinette), Almut Schwab (sie kam 2009 als Akkordeonistin, Flötistin und Hackbrettspielerin dazu) sowie Nina Hacker (seit 2010 Bassistin der Band) verstanden es sofort, ihr Publikum auch in Anoraks, in Decken gewickelt und unter Regenschirmen zu erreichen und zu begeistern. Dabei half ihnen nicht nur ihr virtuoses musikalisches Können, auch ihre charmante und temperamentvolle Moderation trug zu einer wunderbar gelösten Stimmung in der Alfred-Embs-Anlage bei.

Hingerissen lauschten die Zuhörer*innen den mal fröhlichen, mal wehmütigen Klängen ihrer Instrumente – ob ein Dobriden (Musik, die auf jiddischen Hochzeiten gespielt wird), ein Doina oder Bulgur (jiddische Tänze in ihren besonderen Rhytmen) oder auch einfach „a freylekhs shtikele“ gespielt wurde. Wenn etwa die Flöte trillerte oder lachte, die Klarinette seufzte und juchzte, oder das Akkordeon zum Tanz (das war schade an dem Abend in Corona-Zeiten: eigentlich hätte man auch wunderbar zur Musik von Klezmers Techter tanzen können!) aufforderte und das Zimbl sich mit seinen Tönen fast überschlug, dann blieb keine Seele unberührt. Der Bass bot dabei immer die verlässliche solide und melodiöse Basis für die Kapriolen und die „vielen Töne“ seiner Instrumentenkolleg*innen. „So viele Töne in so kurzer Zeit“, lachte einmal Almut Schwab ins Publikum, „Wenn wir nach der Anzahl der gespielten Töne bezahlt werden würden, wäre das sicher ein teurer Abend für Sie! Aber Gott sei Dank werden wir ja nach der Anzahl der Instrumente, die wir spielen bezahlt.“ Ihr Nachsatz brachte ihre Kolleginnen zum Lachen - wenn das tatsächlich so wäre, dann würde Schwab mit ihren Flöten, ihrem Hackbrett und dem Akkordeon natürlich besser dastehen als wenn das Honorar einfach geteilt werden würde. So lebensfroh und mitreißend wie ihre Musik war auch die Stimmung von Klezmers Techtern selbst.

Selbstverständlich ließ man die drei wunderbaren Musikerinnen nicht ohne Zugabe gehen. „Wir spielen jetzt eine Zugabe, das Lied heißt auch Zugabe“, kündigte Almut Schwab nach nicht enden wollendem Applaus mit einem großen Lachen im Gesicht an, „und was besonders dran ist: es ist in C-Moll. C-Moll ist toll!“ Dass danach lautstark nach einer weiteren Zugabe gerufen wurde, war abzusehen, und so verabschiedeten sich Klezmers Techter mit nachdenklichen Tönen, einer Erinnerung an Jerusalem aus Schindlers Liste, von ihrem Hattersheimer Publikum, welches sich sicher ganz einmütig ein baldiges Wiedersehen mit den Musikerinnen wünscht.

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