Am vergangenen Donnerstagabend präsentierte Bürgermeister Klaus Schindling der Stadtverordnetenversammlung zu einem ungewohnt späten Zeitpunkt den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2025 - und für 2026 gleich mit. Schindling visualisierte seine Rede hierzu unterstützt durch eine Leinwandpräsentation, und direkt die erste Seite ließ bereits die Katze aus dem Sack: Ein Doppelhaushalt 20205/2026 wurde dort angekündigt.
Gemeindeordnungen und Kommunalverfassungsgesetze der Länder sehen eigentlich vor, dass Kommunen eine Haushaltssatzung für jedes Haushaltsjahr aufstellen müssen. Jedoch lassen die Landesgesetzgeber es zu, eine Haushaltssatzung auch für zwei Jahre in einem Haushaltsaufstellungsprozess zu erlassen. Die Haushaltsermächtigungen bleiben jedoch an ein Kalenderjahr gebunden. Die beiden Haushalte werden somit nur äußerlich zusammengefasst, die Planermächtigungen gelten für ein einzelnes Haushaltsjahr. Nicht verbrauchte Haushaltsmittel verfallen folglich jeweils zum Jahresende.
Dieser Schritt sei auch dem Umstand geschuldet, dass der Haushalt für 2024 erst im Oktober genehmigt wurde. Man habe deshalb relativ lange unter der vorläufigen Haushaltsführung gelebt, so Schindling, was jedoch nicht der Hauptgrund für den Doppelhaushalt sei. Vielmehr sprach er von der "Komplexität der gesamten Materie" und den Unwägbarkeiten, die im Laufe der Haushaltdauer auf Hattersheim zukommen können. Und mit einem Augenzwinkern fügte der Bürgermeister noch an, dass man so die politische Diskussion im Kommunalwahljahr 2026 auf die wichtigen Dinge beschränken könne, ergänzte jedoch direkt, dass dennoch natürlich jeder einzelne Punkt diskutabel sei und der Stadtverordnetenversammlung auf diesem Wege keine Diskussionsgrundlage entzogen werde.
Steigende Rücklagen sichern künftige Haushalte ab
Wie schon bei der Verabschiedung einer weiteren Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes in der vorherigen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 5. Dezember 2024 wies Schindling auf die aktuelle wirtschaftliche Rezession hin. Man habe in Hattersheim das Glück, dass die momentan hier angesiedelten Branchen vergleichsweise krisensicher dastehen und trotz allem ein Wirtschaftswachstum verzeichnen konnten, wovon auch die Stadt profitiere. Andere größere Unternehmen in Hattersheim hätten aber auch Kurzarbeit anmelden müssen. Auch die Lohnkosten brachte Schindling erneut zur Sprache: Trotz gleichbleibender Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigen diese von Jahr zu Jahr in einem siebenstelligen Bereich.
Der Bürgermeister will die Schwierigkeiten bei der Erstellung eines ausgeglichenen Haushalts jedoch nicht alleine auf äußere Umstände schieben. Aber da man diese nicht beeinflussen könne, müssen man eben damit leben und die kommunale Selbstbestimmtheit bewahren, und dies sei, so Schindling, mit diesem Haushalt auch soweit ganz gut gelungen.
Für den Gesamthaushalt 2024 hatte man ein ordentliches Ergebnis in Höhe von -3,483,940 Euro eingeplant. Dies war seinerzeit genehmigungsfähig, weil man über Rücklagen verfügt, auf die man dann gegebenenfalls zurückgegriffen hätte, um den Haushalt auszugleichen. Im Jahr 2025 liegt nun das geplante Defizit im Ordentlichen Ergebnis bei -7.585.130 Euro, 2026 gar bei -9.517.470 Euro. In den Folgejahren sinkt das prognostizierte Minus dann langsam wieder, liegt aber 2028 immer noch bei fast 5 Millionen Euro.
Die Hessische Landesregierung habe sich nun überlegt, dass neuerdings außerordentliche Erträge zum Ausgleich defizitärer Haushalte im Ergebnishaushalt herangezogen werden dürfen. Außerordentliche Erträge entstehen beispielsweise, wenn man ein Plangebiet entwickelt und der Quadratmeterpreis beim Verkauf höher liegt als beim Einkauf. Bevor man die Kommunen besser mit Finanzmitteln ausstattet, lässt man ihnen lieber diese Möglichkeit - "das ist in jedem Fall für den Landeshaushalt kostensparender", so Schindling. In den Kommunen könne diese Entscheidung unter Umständen für Stirnrunzeln sorgen, denn außerordentliche Erträge muss man auch erst einmal erwirtschaftet haben. In Hattersheim war dies der Fall, beispielsweise durch die Entwicklungen in der Voltastraße und jetzt im Gewerbegebiet Nord. Deshalb weist der Gesamthaushalt 2025 im Außerordentlichen Ergebnis ein Plus von 9.460.050 Euro aus. Schindling legte in diesem Zusammenhang Wert darauf, dass man hierfür keinesfalls Freiflächen verkauft habe, die man als "Tafelsilber" bezeichnen könnte. Verrechnet man nun dieses Außerordentliche Ergebnis für 2025 mit dem Ordentlichen Ergebnis, kommt man in Summe auf einen Ertrag von 1.874.920 Euro, was einen "mehr als genehmigungsfähigen Haushalt" abbilde, so Schindling.
Zudem habe man in den letzten Jahren auch Rücklagen gebildet, die Gesamtsumme zum 31. Dezember 2024 beträgt etwa 33 Millionen Euro. Sollte das Jahresergebnis für 2026, wie im Doppelhaushaltsentwurf prognostiziert, tatsächlich bei -4.957.420 Euro liegen, könnte man dies durch eine Entnahme aus den Rücknahmen ausgleichen.
Eine solche, ursprünglich eingeplante Entnahme musste man für 2024 nun doch nicht vollziehen: Zum einst eingeplanten strukturellen Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben ist es letztendlich gar nicht gekommen: Das Jahresergebnis lag nicht bei -3,483,940 Euro, sondern bei +1.874.920 Euro. Dies hatte mehrere Ursachen: Zum einen arbeitete man stolze zehn Monate lang unter einer vorläufigen Haushaltsführung. Dann hatte Bürgermeister Schindling eine haushaltswirtschaftliche Sperre verhängt, so dass jede einzelne Ausgabe auf den Prüfstand gestellt wurde. Und schließlich konnte Hattersheim eine konjunkturell gute Entwicklung verzeichnen - eine Ausnahme in Hessen. Diese gut 1,8 Millionen Euro wandern nun auch in den Rücklagentopf der Stadt.
Grundsteuererhöhung
Die Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B um 50 Punkte sorgt für Mehreinnahmen in Höhe von 420.000 Euro. Schindling erneuerte seine Forderung, das Thema Grundsteuererhöhung nicht mehr zu tabuisieren und solche Maßnahmen nicht mehr so lange aufzuschieben, bis man sich zu einer heftigen Erhöhung auf einen Schlag gezwungen sieht, um einen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegen zu können. Als Beispiel nannte er die Stadt Eppstein, die ihre Grundsteuer B gerade um 750 Punkte erhöht hat. Und es gehe dabei auch nicht um die Parteifarbe, so der Bürgermeister, denn Eppstein hat auch einen Bürgermeister von der CDU.
Auslagerung von Stadthalle und Stadtmuseum
Natürlich müsse man bei einem derart strukturellen Minus überlegen, mit welchen Maßnahmen man gegen diese Entwicklung vorgehen kann, damit man nicht ständig außerordentliche oder auch ordentliche Erträge benötigt, stellte Schindling fest. Deshalb will man die Stadthalle und das Stadtmuseum auslagern. Bis eine solche Maßnahme greift und tatsächlich etwas abwirft, dauert es aber in der Regel mindestens ein Jahr, eher sogar Jahre. Deshalb plant man direkt ein Jahr für die Erstellung einer entsprechenden Konzeption ein. Die Stadthalle soll auch künftig allen Bürgerinnen und Bürgern als Treffpunkt dienen und den Vereinen und Parteien zur Verfügung gestellt werden. Aber die ungenutzten Tage will man in den nächsten Jahren viel stärker entgeltpflichtig vermarkten. Dies sei eine Art Teilprivatisierung, wobei die Stadthalle in städtischem Eigentum bleiben soll. "Wir haben sie nicht so renoviert, um sie zu verkaufen", stellte Schindling klar. Aber man will die Aufwendungen reduzieren und Einnahmen generieren. Und da dies innerhalb der städtischen Organisation nicht gut darstellbar erscheint, will man sich am freien Markt eine Eventagentur oder ähnliches suchen, die den Terminplan der Stadthalle mit Leben füllen soll, von Meetings über Messen bis hin zu kulturellen Veranstaltungen.
Ähnlich sehen die Pläne für das Stadtmuseum aus: Auch hier will man sich ein Veranstaltungsmanagement überlegen, das höhere Erträge erzeugt, gleichzeitig aber auch keinerlei Einschränkungen für Veranstaltungen von Stadt oder Geschichtsverein mit sich bringt.