Bei der Bahn abgeblitzt

Mit einem Leserbrief („Betriebswirtschaftliche Entscheidung“, Nr. 17 vom 23. April 2015) reagierte Marion Uhle-Fassing, ehemalige Leiterin des Büros für Wirtschaftsförderung der Stadt Hattersheim, auf einen Leserbrief von Dieter A. B. Raab („Nichts Nachhaltiges passiert“, Nr. 16 vom 16. April 2015). Nun entgegnet eben jener Leser:

 

Sehr geehrte Frau Uhle-Fassing,
danke sehr für Ihre Antwort zu meinem Leserbrief für die „Fehlentwicklungen“, wie Sie es nennen, in Eddersheim. Ich nehme nur wahr und stelle fest. Sie werden Ihrer Aufgabe gerecht, indem Sie etwas die Hintergründe beleuchten.
Ich stelle aber auch fest, dass zum Beispiel der angekündigte Baulärm wegen des Abrisses der Brücke Autoberg von Karfreitag bis Osterdienstag nicht entstanden ist, denn Landrat Michael Cyriax war diesen Missstand engagiert angegangen und hatte Staatsminister Tarek Al-Wazir (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung) sowie den Präsidenten Burkhard Vieth von Hessen Mobil direkt eingeschaltet. Die Abrissarbeiten beschränkten sich dann von Karfreitag bis Karsamstag, 7 Uhr. Ein Termin also, den man auch am Freitag, 1. Mai, hätte einplanen können. Von der Stadt erhielt ich lediglich die Antwort: „Die Stadt Hattersheim hatte bereits im Vorfeld mit Hessen Mobil verhandelt mit dem Ziel, die Bauarbeiten erst zu beginnen, wenn der Hessendamm fertiggestellt ist. Aber auch diesem Wunsch konnte nicht gefolgt werden. Deshalb gehe ich davon aus, dass auch eine gemeinsame Aktion nicht zu einem anderen Ergebnis führen wird.“ Und das bei drei Jahren Vorlaufzeit für die Planung. „Die Sperrpause wurde bereits vor drei Jahren bei der DB AG beantragt“, wie aus einem Schreiben von Hessen Mobil an mich hervorgeht.
Eine regionale Zeitung berichtete sogar fast idyllisch, dass Kaninchen und die Ente auf der Wiese sich nicht im Geringsten von dem Lärm und den Erschütterungen stören ließen. Ein Grund zum schnellen Abriss, ein Tag und eine Nacht statt mehr als vier Tage und Nächte, fand sich laut besagter Zeitung auch gleich: „nachgiebiger“ Beton. Offensichtlich sind in den zurückliegenden drei Jahren keine Probebohrungen durchgeführt worden. Sonst hätte man von dem nachgiebigen Beton gewusst. Übrigens, seit dem 14. April bis heute, 24. April, also seit zehn Tagen, ruhen alle Aktivitäten am Autoberg!
Zurück zu Eddersheim. Der Abriss des Stammgleises war eine betriebswirtschaftliche Entscheidung. Gut. Und natürlich ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung auch nicht für das Gemeinwohl zuständig und verantwortlich. Denn das ist die Aufgabe der Politik. Die Politik gibt den Rahmen vor. Die Betriebswirtschaft ist, wie der Name sagt, für den Unternehmenswert verantwortlich. Heute neudeutsch: „Shareholder-Value“. Der Volkswirt, der früher mehrheitlich die Geschicke der Unternehmen leitete, ist heute leider abgelöst vom Betriebswirt. Bestes Beispiel hierfür ist die Hoechst AG, deren Leitung in den Anfängen der 90er Jahre des vergangen Jahrhunderts in die Hände eben eines Betriebswirtes gelegt wurde, nachdem diese mehr als 100 Jahre nach volkswirtschaftlichen Richtlinien geleitet worden war. Ende des vergangen Jahrhunderts wurde dieses Unternehmen betriebswirtschaftlich aufgelöst. Um nun die betriebswirtschaftliche Entscheidung der DB nachvollziehen zu können, rief ich die DB direkt an. Die zuständige Auskunftsstelle ließ mich auf meine Frage „Früher hieß es doch 'von der Straße auf die Schiene'“ mit der Bemerkung abblitzen: „Früher hatten wir auch einen Kaiser, einen schönen Tag.“ Und dies, obwohl mein Anliegen war, potentielle Kunden der Bahn anzuzeigen.
Insofern, sehr geehrte Frau Uhle-Fassing, hat es die Stadt schon mit einem sehr arroganten Verhandlungspartner zu tun. Dem ist aber offensichtlich nur über die Landes- oder Bundespolitik beizukommen. Hat die Stadt es hier schon versucht? Siehe meine obige Bemerkung zu Herrn Cyriax. Zu der Aussage, dass die Autobahnen schon als „größter Lagerplatz der Bundesrepublik“ gelten, eine hypothetische Frage: Warum werde dann nicht Waggons mit Kundengut auf Abstellgleise oder Stammgleise geparkt und nach Bedarf dem Empfänger direkt und schnell zugeführt? Eine erhebliche Verkehrs- und Straßenentlastung wäre die Folge. Aber das ist wieder Aufgabe der Bundes- und Landespolitik. Diese müssen aber „gespeist“ werden von den Kommunalpolitikern.
Zum Schluss: Der Firmensitz von „R. M. Stahlhandel“ ist Flörsheim. Heißt das im Umkehrschluss, Flörsheim erhält die Steuern, Hattersheim bleibt auf dem Lärm, Verkehrsgefährdung und den Kosten für die Straßenausbesserungen, die durch den Schwerlastverkehr entstehen, sitzen?
Mit freundlichen Grüßen
Dieter A. B. Raab, Hattersheim

 

 

 

 

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Endlich sagt einer mal seine Meinung sehr schön.



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