Leserbrief Zu: „Der Löwe wird nicht zur Kindertagesstätte“, HS Nr. 42 vom 16.10.2025

Ein aktueller Blick auf die Propsteistraße 14 in Eddersheim.
Ein aktueller Blick auf die Propsteistraße 14 in Eddersheim.

Hat jemand an der Uhr gedreht? Ist es schon 1. April? Ein schlechter, gruseliger Scherz zu Halloween? Es ist kaum zu glauben, was der o.g. Artikel von letzter Woche offenbart. Der Dompropst Hugo von Eltz würde sich im Grabe umdrehen, irgendwo in einer Kapelle St. Peter und Paul im Dom zu Mainz, wenn er wüsste, welch ein Schabernack hier mit seiner ehemaligen Residenz getrieben wird.

Nur fürs Protokoll: Die Stadt Hattersheim kauft das alte, denkmalgeschützte Gebäude in der Propsteistraße 14 für 400.000 Euro mit Absicht die benachbarte Kita mit den erworbenen Räumlichkeiten zu erweitern, lässt den historischen Vorgarten 2017 für die Aufstellung von Containern zur provisorischen Kita-Erweiterung räumen und einebnen, plant jahrelang die Umsetzung des Bauvorhabens, lässt den Anbau, die ehemalige Gaststätte „Zum Löwen“, abreißen und das Bestandsgebäude aufwendig einrüsten und absperren, kündigt im Frühjahr 2024 einen neuen, modernen Neubau neben dem Hauptgebäude an, mit allem Pipapo, einschließlich Internetauftritt und hochwertig bedruckter Werbeanlage, um acht Jahre nach Aufstellung der Container und 225.000 Euro später festzustellen, dass sich das Gebäude zur Nutzung als Kita leider kaum eignet. Wie bitte? Wer hat denn hierfür das geniale Drehbuch geschrieben? Da muss man erstmal drauf kommen. Mit der Story und dem Etat könnte man bestimmt eine neue Netflix-Miniserie drehen.

Es wurde anscheinend nie ein realisierbares Konzept ausgearbeitet. Oder wurde etwa dem Eddersheimer Bürger jahrelang etwas vorgegaukelt? Vielleicht ein Ablenkungsmanöver, um Zeit zu schinden, bis das neue Quartier in Eddersheim beschlossen wurde? Da wird sich schon noch, neben bezahlbarem Wohnraum, einem Einkaufsmarkt, einer Apotheke, medizinischer Versorgung und einer Sporthalle, ein neues Plätzchen für eine neue Kindertagesstätte finden, oder etwa nicht? Es ist ein Unding, dass weiterhin der Leerstand von Gebäuden im alten Stadtkern ignoriert wird. Anstatt ein gesamtheitliches Konzept für die Versorgung und Belebung der Innenstadt auszuarbeiten, wird einfach alles in den Außenbereich verlegt. Der alte Ortskern stirbt. Bald weht nur noch Taumelgras durch die leeren Gassen der Altstadt von Eddersheim.

Seit acht Jahren wartet man darauf, dass etwas mit dem alten Propsteihof passiert. In diesem Zeitraum wurden etliche neue, klimaunfreundliche Rechenzentren in Hattersheim errichtet. Aber ein altes Haus umbauen geht nicht. Klar, das Gebäude steht unter Denkmalschutz, das ist nicht ganz so einfach. Die heutzutage unverschämten Ansprüche der zuständigen Denkmalschutzbehörde erleichtern eine geplante Sanierung zwar nicht, jedoch war das vorneweg bekannt. Besser wäre es gewesen, die Kita in der Bahnhofstraße am alten Friedhof zu erhalten bzw. dort zu erneuern. Das wäre ein geeigneter, zentraler Platz mit Parkmöglichkeiten für eine Kita gewesen. Käufer für den Propsteihof hätte es genug gegeben, die das Gebäude schon längst unter Auflagen des Denkmalschutzes saniert und genutzt hätten.

Stattdessen muss man sich wohl weiter in Geduld üben. Gerüst und Bauzaun blockieren seit vielen Jahren wertvolle Stellplatzmöglichkeiten in der Altstadt. Die mit drei Jahren befristete Baugenehmigung von 2017 für die Kita-Container im historischen Garten ist längst abgelaufen. Das Hauptgebäude dient weiterhin als Katzenklo und Abenteuerspielplatz für Nagetiere. Unterhalb der provisorischen Dachplane modert die historische Substanz in den feuchten, unbeheizten Räumlichkeiten weiter vor sich hin. Der Oberleitungs-Mast auf dem Dachstuhl, der einen Großteil der umliegenden Altstadtgebäude mit Strom versorgt, muss noch ein bisschen durchhalten. Vielleicht kann wenigstens der enorme Pflanzen-Wildwuchs rund um das verwahrloste Kulturdenkmal den CO2-Ausstoß der unzähligen, neuen Rechenzentren ein Stück weit kompensieren?

Urs Höhne, Eddersheim

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