Die höhere Umlage löst nur einen Teil der Probleme

Landrat Michael Cyriax brachte in der letzten Kreistagssitzung des Jahres den Kreis-Haushalt ein

Früher durfte Landrat Michael Cyriax (l., Bild vom Vorjahr) einmal Kreishaushalte mit Überschüssen präsentieren, diesmal sind die Zahlen dagegen tief rot, die Rücklagen müssen herhalten.
Früher durfte Landrat Michael Cyriax (l., Bild vom Vorjahr) einmal Kreishaushalte mit Überschüssen präsentieren, diesmal sind die Zahlen dagegen tief rot, die Rücklagen müssen herhalten.

Landrat Michael Cyriax (CDU) hat in der letzten Sitzung des Kreistages für dieses Jahr den Haushalt 2024 eingebracht und damit neben der nicht überraschenden, defizitären Lage der Finanzen im 600-Millionen-Etat auch die wichtigsten Kennzahlen für die zwölf Städte und Gemeinden im Main-Taunus-Kreis verkündet: Ab kommenden Jahr müssen die Kommunen eine deutlich höhere Kreis- sowie eine leicht erhöhte Schulumlage berappen.

Von den 48,25 Prozent (313.847 Euro Einnahmen) sollen die Umlagen 2024 auf 50,90 Prozent steigen, also um insgesamt 2,65 Prozentpunkte. Die Kreisumlage macht dabei 2,25 Punkte aus und steigt auf 33,3 Prozent, die Schulumlage um 0,4 Punkte auf nun 17,6 Prozent. Diese Erhöhung, verdeutlicht Cyriax, verhindert lediglich, dass das Defizit nicht deutlich höher ausfällt als sowieso. Ohne die Erhöhung käme ein Minus von rund 46 Millionen Euro zustande, nun werden es „nur“ 35,43 Millionen Euro sein. Zum Vergleich: Vor 2020 verzeichnete der Kreis jahrelang Überschüsse, 2022 waren es noch eine Million Euro Minus, für 2023 werden zehn bis zwölf Millionen erwartet.

Die Verluste kann der Kreis für 2024 noch aus den Rücklagen stemmen und den Etat damit bei der Kommunalaufsicht (RP Darmstadt) durchbringen. Damit aber sei „der Spartrumpf leer“, wie Cyriax betont. Um das Defizit über die Abgabenhöhe komplett aufzufangen, hätte die Kreisumlage um mehr als 5,0 Punkt steigen müssen, verdeutliche der Landrat – das wäre politisch wohl nicht so glatt über die Bühne gegangen, wie es sich nun andeutet.

Die meisten MTK-Kommunen verabschiedeten ihre Haushalte in der Unwägbarkeit, ob und welche Erhöhung der Umlagen auf sie wartet, mit der generell natürlich zu rechnen war. Dieses Luftspiel, das der Landrat den Kommunen durch die verspätete Einbringung des Kreisetats bescherte, gefiel den Kämmerern in den Städten und Gemeinden gar nicht. Der Flörsheimer Bürgermeister und Kämmerer Bernd Blisch verzichtete in seinem Haushaltsentwurf ganz auf eine Anpassung des Umlagesatzes auf Kaffeesatzniveau. Mit dem Plan des Landrates würde sich der Haushalt der Stadt damit um weitere rund 1,1 Millionen Euro verschlechtern (Umlage-Ansatz für 2023: 21,102 Millionen Euro) und landete damit bei 2,34 Millionen Euro im Ergebnishaushalt.

Der Haushaltsentwurf des Kreises geht in Flörsheim für 2024 allerdings von nur 21,171 Millionen Euro aus, also gerade 69.000 Euro Anstieg, da der Anteil der Stadt am Gesamtaufkommen (331,116 Millionen) aufgrund der veränderten Messzahlen von 6,7 auf 6,4 Prozent sinkt. Aber selbst die vom Rathaus zu hörende Annahme löst in der Kämmerei keine Unruhe aus. Die Rücklagen, die schon den bisherigen Ansatz retteten, reichen auch unter dem neuen Rahmen locker. Sollte das für 2023 erwartete Defizit von gut 2,8 Millionen eintreffen, geht das von den 18,3 Millionen ab, die sich am Ende des Jahre 2022 in den Rücklagen fanden.

Für Hattersheim waren für 2023 im Kreishaushalt 26,845 Millionen Euro an Kreis- und Schulumlage angesetzt. Der hier etwas später vorgelegte Haushalt 2024 hatte eine Erhöhung der Umlagesätze bereits eingebaut und ging sogar von einer neuen Schulumlage von 17,7 Punkten aus. Die Auswirkung auf den städtischen Etat wurde im vorliegenden Entwurf mit 1,65 Millionen Euro beziffert. Entsprechend haben die Hattersheimer den Vorteil, mit „wahreren“ Zahlen arbeiten zu können. Der Kreis erwartet laut Etat 2024 aus der Stadt allerdings auch lediglich 27,927 Millionen Euro, also 982.000 Euro mehr, denn auch Hattersheims Anteil am Gesamtkuchen sinkt, um 0,2 Punkte auf 8,4 Prozent des Gesamtaufkommens.

Noch, so der Hinweis aus dem Flörsheimer Rathaus, handele es sich bei den Cyriax’schen Zahlen nur um einen Entwurf. In der Tat ist mit einer Verabschiedung des Kreishaushalts 2024 erst am 11. März zu rechnen. Weiterhin weist der Sitzungskalender keinen früheren Termin für das nächste Zusammenkommen des Kreistags aus, drei Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses gehen dem im Januar und Februar voraus.

Der Notruf, den Cyriax im Herbst in einer Pressemitteilung abgesetzt hatte, bestimmt nicht überraschend den Vortrag des Landrates. „Wir sehen, wo wir sparen können, aber Bund und Land weisen uns immer mehr Aufgaben zu, wir haben zudem im Bereich Soziales und Migration immer mehr Fälle“, erläuterte Cyriax. „Der Etatentwurf dieses eigentlich so wirtschaftsstarken Kreises ist ein Alarmsignal für die Lage der Kommunen landauf, landab.“

Der Kurs der Kommunen, zu denen auch die Landkreise zählen, sei für die nächsten Jahre strikt auf Konsolidierung ausgerichtet, stellte Cyriax klar und nennt dies eine „Finanzwende“. Land und Bund forderte er dennoch erneut auf, für die zusätzlichen Aufgaben auch das dafür benötigte Geld zur Verfügung zu stellen, oder selber wieder mehr Verantwortung zu übernehmen, sprich „die kommunale Familie von Aufgaben zu entlasten und ihr weit mehr Kosten zu erstatten als bisher“.

Drei Problembereiche, bei denen die Kommunale Familie die Kosten „für staatliche Leistungsversprechen“ bezahle, die die Finanzen des Kreises belasten, benannte Cyriax:

  • Die Sozialleistungen werden im kommenden Jahr um 14,5 Millionen Euro auf rund 123 Millionen Euro steigen, womit in den jüngsten sechs Haushalten seit 2019 ein Anstieg von rund 60 Prozent zu verzeichnen ist. Die Anzahl der Leistungsbezieher nach SGB-II sei in den vergangenen 15 Jahren um rund 40 Prozent gewachsen, wobei der Anteil der nichtdeutschen Bezieher drastisch angestiegen sei und inzwischen mehr als die Hälfte aller Fälle ausmache.
  • Die finanzielle Krisenlage der Kliniken schlägt sich im Kreishaushalt ebenfalls deutlich nieder. Der Verlustausgleich für den Varisano-Verbund verdoppelt sich 2024 auf 16,8 Millionen Euro, das entspreche alleine 2,4 Prozent der Kreisumlagen-Einnahmen. Dies sei „auf Dauer nicht leistbar“, sagte Cyriax.
  • Im Bereich Asyl steigen die Ausgaben laut Haushaltsentwurf 2024 um 7,9 Millionen Euro. Die Kommunen nehmen Flüchtlinge inzwischen zwar eigenverantwortlich auf, die Kosten bleiben allerdings beim Kreis. „Weniger als die Hälfte der Aufwendungen für Flüchtlinge sind durch Gelder von Land und Bund gedeckt“, kritisiert Cyriax, so dass der Etatposten auf fast 19 Millionen Euro steigt.

Dass der Kreis 2024 eine Nettoneuverschuldung von 50,9 Millionen Euro einplant, hat mit den Kreditaufnahmen für die Fortführung des Schulbauprogramms zu tun. Alleine 54,9 Millionen Euro werden kommendes Jahr dafür aufgewendet, vor allem für die Main-Taunus-Schule in Hofheim und die Paul-Maar-Schule in Flörsheim sowie die Sporthalle der Heinrich-von-Kleist-Schule in Eschborn. Neue Projekte beginnen mit ersten Ausgabenposten unter anderem für die Krifteler Weingartenschule und Konrad-Adenauer-Schule. Allerdings werde „das Schulbauprogramm wegen der schwierigen Finanzlage nur noch gebremst weiterlaufen können“, kündigt Cyriax an, der Projekte werde es weniger geben.

Kommentare

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
Sicherheitsprüfung
Diese Frage hat den Zweck zu testen, ob Sie ein menschlicher Benutzer sind und um automatisierten Spam vorzubeugen.
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.


X