Um den Klimaschutz voranzubringen, hatte der Gemeindevorstand den Förderantrag „Erstvorhaben Klimaschutzkonzept und Klimaschutzmanagement“ gestellt. Dieser wurde Ende Juni 2024 bewilligt: Gefördert wird die erstmalige Erstellung eines integrierten Klimaschutzkonzepts (iKSK) sowie eine dazugehörige Personalstelle. Die Einstellung der Klimaschutzmanagerin erfolgte zum 1. Dezember 2024. Im Rahmen der Erstellung des iKSK wurde auch eine umfassende Bürgerbeteiligung durchgeführt: Am 9. September 2025 fand die Auftaktveranstaltung „Klimaschutz im Gespräch“ mit anschließendem Workshop statt. Hierbei konnten die Teilnehmenden ihre Ideen und Vorschläge für mögliche Maßnahmen in den Themenfeldern „Bauen und Sanieren“, „Erneuerbare Energien“, „Mobilität“ und „Klimaanpassung“ einbringen. Insgesamt konnten knapp 110 Vorschläge gesammelt werden.
Im Anschluss gab es eine zweimonatige Online-Umfrage „Klimaschutz in Kriftel“. „Insgesamt haben 384 Personen die Umfrage gestartet, davon haben 310 Personen die Umfrage abgeschlossen“, teilte der Erste Beigeordnete Martin Mohr in der laufenden Ausschussrunde mit. „Die Beteiligung kann somit als sehr erfolgreich eingestuft werden.“
Insgesamt gab es 24 Fragen zu folgenden Themen: Persönliche Einstellung zu Klimaschutz und Wissensabfrage, Motivation und Hemmnisse für den Klimaschutz, Mobilität, Erneuerbare Energien, Bauen und Sanieren sowie Partizipation im Klimaschutz. Am Ende der Umfrage gab es eine interaktive Karte von Kriftel, in der die Teilnehmenden ihre Vorschläge für mögliche Klimaschutz-Maßnahmen lokal verorten konnten. In der Vorlage für die Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter werden die Ergebnisse genau aufgeschlüsselt:
Themen „Persönliche Einstellung und Wissensabfrage“: Den meisten Teilnehmenden ist der Klimaschutz wichtig. 80 Prozent haben angegeben, dass der Klimaschutz für sie einen (eher) hohen Stellenwert hat. Die meisten Teilnehmenden fühlen sich über die generellen Folgen des Klimawandels gut informiert und die Möglichkeiten für das eigene Engagement im Klimaschutz werden mittel bis gut eingeschätzt. Viele Teilnehmende sind bereits gut informiert über die bisherigen Maßnahmen der Gemeinde Kriftel im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung. Lediglich die Baumpatenschaften im Ziegeleipark und die Starkregengefahrenkarten sind weniger bekannt. Knapp 37 % haben schon mal einen persönlichen CO2-Fußabdruck erstellt.
Im Zuge des Klimaschutzes haben viele Teilnehmende bereits ihr Verhalten beziehungsweise ihre Gewohnheiten in verschiedenen Bereichen verändert, kostenintensive Maßnahmen hingegen deutlich seltener umgesetzt. Die meisten Teilnehmenden haben ihr Mobilitätsverhalten, ihr Einkauf- und Konsumverhalten und ihre Ernährung verändert und kaufen bewusst regionale und saisonale Lebensmittel. Weniger Veränderungen wurden in investitionsintensiven Bereichen durchgeführt, wie der Wechsel zu einem E-Auto, Haussanierung und Installation einer PV-Anlage. Auch veränderte Reisegewohnheiten oder der Wechsel auf einen Strom- und Gasanbieter mit regenerativen Energieträgern wurde eher selten umgesetzt.
Bei der Frage nach den persönlichen Zielen im Bereich Klimaschutz für das Jahr 2026, werden die Bereiche Mobilität (18 Prozent), Ernährung und Konsum (17 Prozent) sowie Energie und Gebäudesanierung (15 Prozent) am häufigsten genannt. 18 Prozent haben keine Ziele beziehungsweise betrachten den Klimaschutz mit Skepsis oder Ablehnung.
Themen „Motivation und Hemmnisse für den Klimaschutz“: Bei der Frage, was notwendig wäre, um die Umsetzung von guten Ideen und Projekten im Bereich Klimaschutz zu beschleunigen, lautet die mit Abstand am häufigsten genannte Antwort „Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur“, gefolgt von „Finanzielle Unterstützung“ und „Förderung neuer Technologien/Forschung“. Als weniger förderlich werden rechtliche Vorgaben angesehen. Als Hemmnisse werden vor allem die Kosten und auch die Bequemlichkeit/Gewohnheit der Menschen genannt.
Thema „Mobilität“:Bei der Frage nach der Häufigkeit der Nutzung von verschiedenen Mobilitätsformen fällt auf, dass die Teilnehmenden sich (fast) täglich zu Fuß (62 Prozent), mit dem Auto (38 Prozent) oder mit dem Fahrrad (20 Prozent) fortbewegen. Mobilitätsformen wie Carsharing, Roller/Moped/Motorrad/S-Pedelec und E-Scooter/E-Kleinstfahrzeuge werden von knapp 90 Prozent der Befragten nie verwendet. Auch Pedelec/E-Bike und Fahrgemeinschaften spielen eine untergeordnete Rolle. Die Nutzung des ÖPNV, in Form von Bussen oder Zügen, ist gering.
Bei der Abfrage der Zufriedenheit bezüglich der klimafreundlichen Mobilitätsangebote in Kriftel sticht besonders hervor, dass der ÖPNV, insbesondere der Bahnhof und die Bushaltestellen, gut erreichbar sind, aber die Taktung und Pünktlichkeit der Busse und Züge sehr unzufriedenstellend ist. Mit der öffentlichen Ladeinfrastruktur für E-Autos sind die meisten Teilnehmenden (eher) zufrieden. Bei der Radinfrastruktur gibt es gemischte Meinungen insbesondere zur Radwegequalität und den Radwegeverbindungen. Die Verfügbarkeit von Fahrradabstellanlagen wird hingegen gut bewertet.
Bei der Frage, was den Teilnehmenden helfen würde, öfter den ÖPNV oder das Fahrrad zu nutzen, wurde mit großem Abstand „bessere Pünktlichkeit des ÖPNV“ genannt, gefolgt von „geringere Ticketpreise des ÖPNV“, „häufigere Taktung der S-Bahn“ und „bessere Radwege“. Viele Teilnehmende zeigten zudem Interesse an der Einführung von Rufbussen, wie der On-Demand-Shuttlebus „Colibri“ aus Hofheim.
Thema „Erneuerbare Energien“: Die Teilnehmenden stehen dem Ausbau der Erneuerbaren Energien insgesamt sehr positiv gegenüber, insbesondere PV-Anlagen auf Dächern (89 Prozent) und auf Parkplatzflächen (76 Prozent) werden positiv gesehen, bei Freiflächen-PV, Agri-PV und Windenergie liegt die Zustimmung bei etwa 50 Prozent. Bei der Frage, was die Gemeinde tun kann, um das Thema Erneuerbare Energien voranzubringen, wird der Ausbau an PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden (25 Prozent) am häufigsten genannt, zudem wünschen sich viele Informations- und Beratungsangebote (18 Prozent) und finanzielle Förderungen (16 Prozent). Viele Teilnehmende haben bereits Maßnahmen zur Energieeinsparung getroffen, am häufigsten ist die Anschaffung von energieeffizienten Geräten und LED-Beleuchtung. Die Nutzung von intelligenten Thermostaten fällt hingegen eher gering aus.
Themen „Bauen und Sanieren“: 73 Prozent der Teilnehmenden wohnen im Eigenheim beziehungsweise in einer Eigentumswohnung, 28 Prozent wohnen zur Miete. Der energetische Standard hat bei der Kauf- beziehungsweise der Mietentscheidung eine eher untergeordnete Rolle gespielt, häufig war der energetische Standard nicht bekannt. Diverse Sanierungs- und Optimierungsmaßnahmen sind entweder bereits erfolgt oder sind nicht geplant. Am häufigsten wurden Fenster ausgetauscht und die oberste Geschossdecke/Dach gedämmt (beides 49 Prozent), gefolgt vom Austausch der Türen (42 Prozent) und der Durchführung einer Energieberatung (41 Prozent). Circa 30 Prozent planen den Einbau einer klimafreundlichen Heizung oder die Errichtung einer PV-Anlage. Nicht geplant ist die Errichtung von Solarthermieanlagen (74 Prozent) oder die Dämmung der Kellerdecke (70 Prozent). 27 Prozent der Teilnehmenden haben angegeben, dass sie aufgrund der hohen Kosten keine Sanierungsmaßnahmen planen.
Thema „Partizipation im Klimaschutz“: 65 Prozent der Teilnehmenden wollen sich aktiv für den Klimaschutz engagieren, wobei sich die meisten Mitmach-Aktionen (wie zum Beispiel Begrünungsaktionen) wünschen. Die Befragten wünschen sich für zukünftige Informationsveranstaltungen vor allem Inhalte zu Erneuerbaren Energien und Technik (28 Prozent), Sanierung und Kosten (17 Prozent) sowie Alltag und Verhalten (13 Prozent).
Einträge auf der „Ideenkarte“: Zahlreiche Ideen und Vorschläge für mögliche Klimaschutz-Maßnahmen wurden in der interaktiven Karte von Kriftel eingetragen. Am häufigsten wurden Vorschläge zu den Themenfeldern „Begrünung und Entsiegelung“ eingetragen (30 Prozent), gefolgt von „Photovoltaik und Erneuerbare Energien“ (21 Prozent) und „Mobilität und Verkehr“ (17 Prozent). Als nächstes werden die Ergebnisse der Online-Umfrage, insbesondere die Eintragungen auf der Ideenkarte, genau analysiert und fließen gegebenenfalls in die Erstellung des Maßnahmenkatalogs des iKSK mit ein.


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