Wildstauden haben nichts zu tun mit unordentlichen Beeten und durcheinander wachsenden Pflanzen, sondern es handelt sich dabei um natürlich vorkommende Arten, die züchterisch nicht verändert wurden. „Sie sind seit vielen Jahren an unsere Natur und Umweltbedingungen angepasst und meistens pflegeleichter, robuster und genügsamer als viele andere unserer Gartenpflanzen“, weiß Katharina Keib vom Grünflächenamt. Oft kommen sie auch mit schwierigen Standorten zurecht, sie säen sich selbst aus und locken eine vielfältige Tierwelt an.
„Zum Beispiel viele Insekten wie Falter und Wildbienen oder Hummeln“, weiß der Erste Beigeordnete Franz Jirasek, der sich jetzt mehrere im vergangenen Jahr neugestaltete Beete und Flächen im Gemeindegebiet anschaute. „Von einer einzigen heimischen Pflanze profitieren mitunter über zehn Insektenarten. Und dank der Insekten kommen auch die Vögel.“ Besonders toll entwickelt haben sich das Wildstaudenbeet am Bahnhof sowie an der Bushaltestelle „Oberweidstraße“, die sich nun im zweiten Jahr in voller bunter Pracht zeigen – natürlich auch Dank der vergangenen regenreichen Wochen.
Gewinn bei der Umweltlotterie machte es möglich
Im Juli 2020 hatte die HR-Sendung "alle wetter!" über die Bepflanzung des Beetes entlang der Bahnlinie berichtet: Mithilfe eines Gewinns bei der Umweltlotterie von Lotto Hessen wurde die Umwandlung einer „artenarmen Rasenfläche“ vor dem Bahnhofgebäude (260 Quadratmeter) in ein „Insektenparadies“ voller heimischer Wildstauden, Gräser und Sträucher möglich. Der Verein „Main-Taunus Naturlandschaft und Streuobst“ hatte das Projekt bei der Umweltlotterie angemeldet und 5.000 Euro gewonnen. 5.000 Euro gab der Verein noch aus der eigenen Kasse dazu. „Wir haben weitere 3.000 Euro aufgewendet“, so der Erste Beigeordnete. „Denn das Beet musste für die Bepflanzung vorbereitet, also der Rasen abgeschält und der Boden maschinell aufgelockert werden.“
Er betont: „Das Beet passt genau ins Konzept der Gemeinde. Wir haben es uns – insbesondere durch den Rückgang der Artenvielfalt und das massive Insektensterben der letzten Jahre - zum Ziel gesetzt, verschiedene Flächen der Gemeinde ökologisch aufzuwerten und dadurch Nahrung und Lebensraum für viele Arten zu schaffen.“ Im Zuge der „grünen Revolution“ in Kriftel waren gegenüber bereits im Frühsommer 2019 drei Beete (80 Quadratmeter) rund um den Brunnen „Lebensspender“ mit 250 heimischen und insektenfreundlichen Stauden bepflanzt worden.
Nachahmung durch Bürgerinnen und Bürger erwünscht
Anfang 2020 wurden weitere Wildstaudenbeete hinter der neugestalteten Bushaltestelle in der Oberweidstraße und direkt vor dem Rathaus als „Bienenparadies“ angelegt. Im Ziegeleipark wird der Rasen nur noch zwei Mal im Jahr gemäht. So entwickeln sich tolle Wildblumenwiesen. Das erfreut das Auge und hat einen erwünschten „Nebeneffekt“: Den Bürgern und Bürgerinnen werden auf diese Weise alternative und ökologische Pflanzkonzepte aufgezeigt und sie werden zum Nachmachen angeregt.
Im Zuge des barrierefreien Ausbaus der Bushaltestellen war auch in der Oberweidstraße eine komplette Straßenecke verändert und neu gestaltet worden. Nicht nur die Bushaltestelle und der Fußgängerüberweg wurden neu angelegt. „Die Gelegenheit war günstig, hier gleichzeitig die dahinter liegende Fläche ökologisch aufzuwerten“, so Jirasek. Auf 184 Quadratmetern war dafür viel Platz: Im Mittelpunkt wurde mit der Elsbeere ein seltener, aber heimischer Laubbaum gepflanzt, der sich hier richtig ausbreiten kann. Neben Sträuchern wie Felsenbirne und Strauchkronwicke, Stauden wie Karthäusernelke, Katzenminze, Küchenschelle, Bergbohnenkraut, Sandthymian und Fetthenne sorgt eine Wildblumenansaat für bunte Farbtupfer.