Digitaler Andrang statt vollem Rathaus

Neujahrsempfang der Krifteler Christdemokraten erstmals per Zoom-Konferenz am vergangenen Sonntag

Noch im September wurde ein Antrag der FDP-Fraktion zur Online-Übertragung politischer Sitzungen in Kriftel von den anderen Parteien in der Gemeindevertretung (CDU, SPD und Grüne) abgelehnt. Für ihren diesjährigen Neujahrsempfang hingegen kam der Krifteler CDU die Videokonferenz-App Zoom gerade recht - und das funktionierte aus technischer Sicht letztendlich auch wie am Schnürchen. Und im Gegensatz zu den Sitzungen der hiesigen Gremien gab es diesmal auch keine zusätzliche Möglichkeit, dem Geschehen live vor Ort beizuwohnen. Das Ausweichen auf einen Video-Gruppenchat war also in Zeiten des Lockdowns quasi alternativlos. Und wer weiß: Vielleicht sinkt auf diesem Wege langsam, aber kontinuierlich die Scheu vor dem Einsatz neuer medialer Übertragungsmöglichkeiten.

Alexander Feist, der Vorsitzende des Krifteler CDU-Gemeindeverbands, begrüßte am vergangenen Sonntag pünktlich um 11 Uhr alle interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich mit in den Neujahrsempfang eingeloggt hatten, darunter unter anderem auch Landrat Michael Cyriax, Bürgermeister Christian Seitz und der Vorsitzende der Gemeindevertretung Bodo Knopf.

Cyriax freute sich über Teilname im "ganz neuen Parteiformat über Video-Zoom-Konferenz" und brachte seine persönliche Bewunderung für Kriftel zum Ausdruck. Der Landrat hob besonders die Art und Weise hervor, wie man in der Gemeinde zusammenhält und zusammenarbeitet. Und auch wenn man sich zwar in diesem Jahr nicht wie sonst gemeinsam bei den Sitzungen des Krifteler Karneval Klubs (KKK) vergnügen kann, so ist er sich dennoch sicher, dass diese Art von Format und Miteinander die Bevölkerung durch die Pandemie tragen und für großen Zusammenhalt sorgen wird.

Auch Bürgermeister richtete ein Grußwort an das digital vernetzte Publikum. Normalerweise würde man an diesem Tag gemeinsam im Krifteler Rathaus sitzen und dem mittlerweile längst traditionellen Neujahrsempfang der Vereinigung Krifteler Selbständiger (VKS) beiwohnen. Man würde viele Menschen treffen und miteinander angeregte Gespräche führen, und auch ein weiteres humorvolles Zwiegespräch zwischen ihm und dem Ersten Beigeordneten Franz Jirasek hätte es gegeben - ein solcher Rückblick auf das Jahr 2020 wäre sicher besonders interessant gewesen.

Und man merkte dem digitalen CDU-Neujahrsempfang auch an, dass er sich selbst ein Stück weit als Lückenfüller für die pandemiebedingt abgesagte VKS-Veranstaltung verstand. So stand zwar in der zweiten Hälfte - knappe zwei Monate vor den Kommunalwahlen natürlich erwartungsgemäß - auch der Wahlkampf im Fokus, als unter anderem zwei Dutzend zugeschaltete Kandidaten sich selbst und die eigenen politischen Ziele und Vorstellungen noch einmal ausführlich präsentierten. Aber zuvor lag das Hauptaugenmerk auf Themen, die parteiunabhängig die gesamte Bevölkerung gleichermaßen betreffen und bewegen.

Aktuelle Herausforderungen in der Pandemie

Landrat Cyriax stellte heraus, dass es sich bei der Corona-Pandemie um eine ganze spezielle Form der Krise handelt. Bei der Finanzkrise sei es darum gegangen, Banken und zuweilen auch Staaten zu retten, damit diese Kredite weiter bezahlen können. Bei der Flüchtlingskrise ab 2015 ging es um das Leben und die Gesundheit der Geflüchteten. In Hinblick auf COVID-19 geht es jedoch um die Gesundheit und potenziell das Leben jedes Einzelnen. Ausnahmslos alle sind betroffen - und das mehrfach: Einerseits durch die Gesundheitsgefährdung, und andererseits auch durch die Einschränkungen und Schutzmaßnahmen, die zum Zwecke der Pandemiebekämpfung notwendig sind.

"Aber die Richtung stimmt jetzt", stellte Cyriax zuversichtlich fest. Die Infektionszahlen sinken, und das sei ein Verdienst von allen, die sich daran beteiligt und die "berühmten" Kontakte auf ein Minimalmaß reduziert haben.

Das Ehrenamt im Pandemie-Alltag

Die Krifteler DRK-Bereitschaftsleiterin Monika Beisheim erläuterte die derzeitigen Schwerpunktaufgaben des Roten Kreuzes und erklärte, dass man als Teil der hiesigen Betreuungseinheit des Katastrophenschutzes (neben Hattersheim und Okriftel) bei der Einrichtung des Impfzentrums des Main-Taunus-Kreises (MTK) im Hattersheimer Kastengrund mitgewirkt hat.

Die DRK-Ortsvereinigung Kriftel erledigt unter anderem Fahrdienste und ist mit mobilen Hilfsteams zur Impfung unterwegs. Jeder versucht, sich bestmöglich einzubringen, unter Berücksichtigung der beruflichen Ausbildung, des persönlichen Ausbildungsstands innerhalb des DRK, des Alters und der eigenen Gesundheit. "Wir gehören ja selbst teilweise zur Risikogruppe", stellte Monika Beisheim fest. Momentan seien es auch gerade junge Leute, die auffallend oft positiv getestet werden. Diese Erfahrungswerte und Informationen reicht man an die Gesundheitsämter weiter, und natürlich schult man auch laufend das eigene Personal: Wie zieht man einen Schutzanzug an? Wie zieht man ihn wieder aus? Wie kann man bei der Impfterminvergabe behilflich sein? Wie kann man Menschen trösten? Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DRK führen hierfür auch telefonische "Hausbesuche" durch und vermitteln so ihr Mitgefühl.

Auch Thomas Rieger, Kreisbrandmeister des MTK und über 20 Jahre lang als Gemeindebrandinspektor in Kriftel tätig, betonte, dass die aktuelle Corona-Pandemie etwas ganz besonderes sei. Auch die Feuerwehr sieht sich bei Einsätzen mit einer zusätzlichen allgegenwärtigen Gefahr konfrontiert, und dieser Umstand macht zahlreiche Veränderungen und Anpassungen notwendig. So musste zum Beispiel der gesamte Übungsdienst in einen Online-Dienst umgestellt werden. In gewissem Maße und für einen begrenzten Zeitraum sei das auf diesem Wege zwar durchführbar, aber das ganze theoretische Lernen muss auch irgendwann ins Praktische umgesetzt werden, und das ist derzeit eine große Herausforderung.

Man appelliert auch laufend an die aktiven Mitglieder der Feuerwehr, stets Masken zu benutzen, Abstände einzuhalten, Hygieneregeln zu befolgen. "Das kann man nicht oft genug wiederholen, um das Ganze irgendwann in Fleisch und Blut übergehen zu lassen", stellte Rieger fest.

Als Leiter der Leitstelle des MTK kann Rieger beobachten, dass die Anzahl der corona-betreffenden Einsätze von Tag zu Tag zunimmt, und auch er kann bestätigen, dass die Patienten immer jünger werden.

Folgen für Kultur und Wirtschaft

"Für uns ist es seit dem 12. März 2020 - mit einer sechswöchigen Unterbrechung - ein durchgehender Lockdown", so das Urteil von Bernhard Westenberger, neben Hans-Jürgen Mock Geschäftsführer des ShowSpielhauses. Für das ShowSpielhaus sei dies zum einen eine finanzielle Katastrophe, zum anderen fehlt der soziale Austausch. Es sei für das Team eine völlig seltsame Situation, dass man plötzlich, nachdem man sonst immer 200 Gäste am Abend begrüßen durfte und sich dabei auch viele Gespräche entwickelten, über Monate hinweg nur noch äußerst begrenzt unmittelbare soziale Kontakte pflegen kann. "Das ist eine sehr schwere Lebenssituation", so Westenberger.

Bürgermeister Seitz schilderte die Probleme des Krifteler Kulturforums, unter dessen Dach sowohl ehrenamtliche als auch hauptberufliche Künstlerinnen und Künstler tätig sind. Kunst und Kultur seien normalerweise ganz wichtige Bestandteile des alltäglichen Lebens, und man merke deutlich, wie sehr dies momentan fehlt. Die Leute sehnen sich wieder nach einem intensiven Kulturleben in Kriftel, an dem sie teilnehmen können.

Silvia May, Geschäftsführerin der Tropica Raritätengärtnerei GmbH und VKS-Vorsitzende, hatte positivere Worte parat. Ihr Unternehmen habe die Pandemie bislang relativ gut überstanden, und man hofft, dass das auch so bleibt. Aber sie weiß von vielen anderen Selbstständigen in Kriftel, die gerade eine harte Zeit durchmachen und hofft deshalb, dass möglichst bald wieder Lockerungen möglich sein werden und zum Beispiel Friseurbesuche wieder stattfinden können. Und auch die Krifteler Unternehmerinnen und Unternehmer vermissen in hohem Maße die lieb gewonnenen sozialen Kontakte, insbesondere auch zu ihrer Kundschaft.

Bernhard Westenberger stellte dankbar fest, dass er und andere Unternehmer froh darüber seien, dass sie diese Pandemie wenigstens im Main-Taunus-Kreis erleben dürfen. Der hier herrschende Zusammenhalt sei sensationell. Von März 2020 an hätten unter anderem auch Silvia und Heiner May dem ShowSpielhaus sofort unter die Arme gegriffen - weil sie bemerkt haben, dass sie besser durch die Krise kommen als andere. "Das ist eine selbstlose Hilfe, die uns total gefreut hat", so Westenberger. "Wir haben unter unseren Gästen unglaublich viele Menschen, die uns Mut zugesprochen haben", freut sich der ShowSpielhaus-Geschäftsführer. Viele hätten auch Spendentickets gekauft; also Eintrittskarten für Veranstaltungen, die coronabedingt nicht stattfinden konnten. Dieser gelebte Zusammenhalt hatte eine sehr erleichternde Wirkung. Dennoch war der Umsatzeinbruch im vergangenen Jahr immens, und dies gilt es nun zu kompensieren.

Unter anderem durch kreative Ideen wie den neuen "ShowSpielhaus-Ritter": Dabei handelt es sich um einen neu gegründeten Klub mit kostenpflichtiger Mitgliedschaft, der zum einen der finanziellen Unterstützung des ShowSpielhauses dient, zum anderen aber auch viele exklusive Vorteile bietet wie Einladungen zu Feiern und Premieren oder den Zugriff auf preisreduzierte Last-Minute-Tickets. Und auch hier zeigt sich wieder der Zusammenhalt und auch die große Hilfsbereitschaft innerhalb des Main-Taunus-Kreises und Kriftel: Nach nur etwa einem guten Monat sind dem Klub der "ShowSpielhaus-Ritter" schon 150 Bürgerinnen und Bürger beigetreten.

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