Wilfried Krementz hatte bereits im Januar 2021 gegenüber dem Gemeindevorstand den Wunsch geäußert, nach 30 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit das Amt des Gemeindearchivars und die Leitung der Heimatgeschichtlichen Sammlung gerne in „jüngere Hände“ abzugeben. Verbunden mit dem Angebot, das Amt solange fortzuführen, bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden wird. „Wir haben einen Presseaufruf gestartet und gar nicht damit gerechnet, dass sich darauf direkt jemand melden würde“, berichtet Bürgermeister Seitz augenzwinkernd.
Dr. Detlef Krause las den Artikel und bekundete sein Interesse, da er für seinen anstehenden Übergang in den Ruhestand im Sommer eine sinnvolle Tätigkeit suchte. „Wir freuen uns ganz besonders, dass wir das Museum und das Amt des Gemeindearchivars in beste Hände übergeben können. Ein echter Glücksfall“, betonte der Bürgermeister jetzt bei einem Gespräch mit den beiden im Rathaus. Er nutzte aber auch die Gelegenheit, sich bei Krementz, der im Sommer seinen 80. Geburtstag feiert, für sein langjähriges und außerordentliches Engagement zu bedanken – auch wenn der Staffelstab ganz offiziell erst im Sommer übergeben wird. Wilfried Krementz kennt sich in Kriftels Geschichte bestens aus: Seit 1993 schreibt er jährlich Beiträge zum Jahrbuch des Main-Taunus-Kreises, er erhielt bereits die Ehrenplakette der Gemeinde Kriftel und der Ehrenbrief des Landes Hessen.
Dr. Krause hat Geschichte und Sozialwissenschaften studiert und leitet als Historiker seit 1988 das historische Archiv der Commerzbank AG in Frankfurt am Main. Die Leitung eines Archives, die Akquise historischer Unterlagen sowie das Führen einer Archivdatenbank sind ihm daher beruflich bestens vertraut. Er war Vorstandsmitglied bei der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare und leitet die Eugen-Gutmann-Gesellschaft e.V. (Historische Gesellschaft der Commerzbank) seit 2014 als Vorsitzender. Er hat die 150-jährige Geschichte der Commerzbank erforscht, dokumentiert und aufgearbeitet und dies unter dem Titel „Commerzbank – eine Zeitreise 1870 bis 2020“ publiziert.
Hochkarätiges Team
Ein hochkarätiges Team also, das da seit bereits seit einigen Monaten zusammenarbeitet: Krementz hatte angeboten, seinem Nachfolger übergangsweise mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ihn einzuarbeiten. Diese Einarbeitung hat in den letzten Wochen und Monaten schon begonnen und wird nun im ersten Halbjahr 2023 noch intensiviert.
Der Übergang wird nicht einfach sein: Denn Wilfried Krementz kennt sich als gebürtiger Kriftel in der Gemeinde bestens aus. Der ehemalige Bankkaufmann sei mehr oder weniger für das Amt verpflichtet worden, wie er schmunzelnd erzählt: Mehrfach sei er gefragt worden, ob er das Amt des Gemeindearchivars übernehmen möchte - mehrfach habe er abgelehnt. Das Argument des damaligen Bürgermeister Hans-Werner Börs: „Sie kommen doch aus einer alten Krifteler Familie. Sie können ruhig mal was für Kriftel tun!“ Die Existenz des Heimatmuseums stünde auf dem Spiel. So willigte er nach langer, „nächtlicher“ Besprechung mit dem Bürgermeister schließlich ein. Doch die Anfangszeit sei nicht leicht gewesen: Der Zustand des Museums und des Bestandes waren chaotisch, einige Krifteler wollten gespendete Gegenstände wieder zurückhaben und es gab kein Eingangsbuch, also keine Aufstellung über das, was im Museum vorhanden war.
Krementz‘ Leidenschaft: Ahnenforschung
Seine Spezialität war es, schon als Kind an Ahnenforschung interessiert, in Archiven zu wühlen, das Schreiben sein Metier. Die Sammlung von Büchern, Schriftstücken, aber auch Haushaltsgegenständen wuchs dann stetig an. „Leider musste ich vieles abweisen – aus Platzproblemen“, bedauert er. Vieles aus dem „alten Kriftel“ hat er von Privatleuten, aber auch von der Gemeinde und der katholischen Kirchengemeinde erhalten. Allein 4.000 Fotos hat er archiviert. „Aber auch in Eigeninitiative haben ich mich um Dokumente bemüht, die die Geschichte Kriftels dokumentieren, wie zum Beispiel nach der Auflösung der alten Markthalle und der ROWG“, so Krementz. Er hielt Vorträge, machte Führungen und beantwortete Anfragen – auch aus dem Ausland.
Dr. Detlef Krause möchte sich künftig vor allem darum kümmern, Exponate wie Fotos, Schriftstücke, alte Unterlagen und Ausweise, Bescheinigungen und Zeitausschnitte zu digitalisieren und damit langfristig zu erhalten und auch jederzeit auffindbar zu machen. Krause lebt seit sechs Jahren in Kriftel, seit 25 Jahren im Main-Taunus-Kreis. „Ich interessiere mich immer für mein Wohnumfeld und seine Geschichte“, so der gebürtige Rheinländer. „Denn es prägt die Menschen, die dort leben.“ Er finde die Geschichte Kriftels und vor allem seine Entwicklung bis in die Gegenwart spannend. „Wie konnte es nach dem verheerenden Brand im Jahr 1671 so schnell wieder wachsen oder wo kommen die Leute her, die nach Kriftel ziehen?“ - das seien Fragen, mit denen er sich befasst habe. Auch die Krifteler Erdbeere und ihre historische Tradition habe Einfluss auf die Menschen der Region, findet er.
Eine E-Mail-Adresse und einen Auftritt in den sozialen Medien möchte Dr. Krause einrichten. „Dinge aufzuheben, das bedeutet, etwas Nachhaltiges zu schaffen“, betont Krause. „Was nicht in den Akten ist, das existiert nicht“, beschreibt er seine Motivation. Die Öffnungszeiten des Heimatmuseums sollen zunächst bestehen bleiben sowie die Möglichkeit, Termine zu vereinbaren. Dass ihm Krementz mit Rat und Tat zunächst noch weiter zur Seite steht, ist für ihn Notwendigkeit und Bereicherung.

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