Ingrid Franke interessieren neue Perspektiven

Erste Krifteler Galerie im Rat- und Bürgerhaus seit Pandemiebeginn

Ingrid Franke vor ihren Lieblingsbildern.

An diesem Abend herrscht eine gelöste Stimmung im Krifteler Rathaus. Fast ist es, als würde ein Aufatmen durch die Reihen der gut gelaunten Besucher gehen. Es hat viel damit zu tun, dass jetzt endlich am Mittwoch, 10. Mai, nach drei Jahren coronabedingter Pause in der „Krifteler Galerie“ wieder eine Ausstellung gezeigt werden kann. Anke Heerda hat sie zusammen mit Susanne Vogt organisiert. Die ehemalige und die neue Assistentin von Bürgermeister Christian Seitz engagieren sich – wie sie beide betonen – gerne ehrenamtlich im Namen von Kulturforum Kriftel und Gemeinde für die Kunst.

Erste Ausstellende nach der Pause ist Künstlerin Ingrid Franke. Sie bezeichnet sich selbst als Wiederholungstäterin, sie tue es immer wieder gern: Malen und ihre Kunst einem Publikum präsentieren. Nach dem Studium zur Mathematik- und Biolehrerin habe sie festgestellt, welch entspannende und ausgleichende Wirkung die Malerei zum Job habe.

„Seitdem habe ich viele Kurse und Lehrgänge auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen und theoretischen Hintergründen besucht“, hebt sie zu Beginn der feierlichen Ausstellungseröffnung hervor. Zwei ihrer Gemälde stehen an diesem Abend vor dem Redepult. Sie habe etwas damit vor, erklärt sie geheimnisvoll.

Versteigerung für den guten Zweck

Eines der Bilder soll versteigert werden. Welches, das entscheide das Publikum. Das Apfel-Stillleben oder die Landschaft. Nach zweimaligem Abstimmen ist klar: es ist der Apfel. Letztlich erzielt das Gemälde über 200 Euro, die an die Bürgerstiftung Kriftel gehen. Angelika Fink aus Butzbach darf sich in Zukunft daran freuen. Sie werde es zu den anderen Gemälden im Wohnzimmer ihrer Mutter hängen, bemerkt sie lächelnd.

„Der Apfel passt doch super zu Kriftel“, freut sich Bürgermeister Christian Seitz. „Diese Ausstellung zaubert mir ein Grinsen auf das Gesicht“, gibt er unumwunden zu. Sie hätten coronabedingt eine lange Durststrecke hinter sich gelassen. Und, so Seitz weiter, die Bilder der Künstlerin seien ja mittlerweile weltweit bekannt, wurden in Japan und Frankreich bewundert. Jetzt komme Kriftel dazu, „die wichtigste Station“, wie er scherzhaft bemerkt. Der nächste Redner, Dr. Frank Fichert, Leiter des Krifteler Kulturforums, freut sich, endlich wieder ein gut gelauntes Publikum begrüßen zu dürfen. Er heißt die Kunstinteressierten herzlich willkommen und verweist auf die kommenden Aktionen des Kulturforums Kriftel: Es werde in diesem Jahr noch einiges kommen. Vier weitere Ausstellungen sind in diesem Jahr noch geplant.

Stillleben und Landschaftsmalerei

Dann erklärt Ingrid Franke ihre Arbeiten: Zwei Motivarten spielten hier und heute eine Rolle, erläutert sie und verweist zunächst auf das Genre des Stilllebens. Das habe eine schon auf die Antike zurückgehende Tradition und entwickelte sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts in den Niederlanden zu einer eigenständigen Bildgattung. „Darin kann man mit der Wirkung der Farben und Formen experimentieren“, unterstreicht sie. Das zweite Genre sei Landschaftsmalerei im weitesten Sinne. Aber nicht gänzlich abstrakt, sondern mit durchaus realen Bezugspunkten. Ihre Gemälde seien zwar eher phantasierte Naturlandschaften, hätten aber teilweise kleine, markante Punkte, die man als Haus deuten könne. Ein Trick, um das Auge des Betrachters einzufangen, gibt sie zu. Das gelingt ihr ausgezeichnet, wie zahlreiche Besucher nach eigenem Anschauungsunterricht zugeben.

Musikalisch aufgelockert wird die Vernissage von einem virtuosen Klavierspieler, wie Bürgermeister Seitz in seiner Ansprache hervorhebt. Marcel Hendler sitzt am Flügel, zwölf Jahre alt. Nach eigenem Bekunden hat er nichts dagegen, vor so vielen Leuten zu spielen. Händel, Mozart - er hat alles drauf. Seit fünf Jahren spielt der Schüler aus der Rhönschule in Schwalbach. Sein Spiel wird mit viel Applaus belohnt.

Cold Wax gibt den Farben Glanz

Ingrid Franke arbeitet mittlerweile auch mit einem Accessoire, das wir sonst vom Friseur kennen: Cold Wax. Das mischt sie in ihre Farben. Sie werden dann leicht luftig, locker und haben einen zarten Glanz. Die Tiefe habe es ihr angetan, sagt sie im Gespräch. Auf ihren abstrahierten Landschaften verschwimmt der Horizont fast wie bei dem surrealistischen Künstler Salvador Dali. „Allerdings ohne seine zerlaufenden Uhren“, wie Franke augenzwinkernd bemerkt. Wie entstehen die Bilder? Sie schütte die Farbe auf die Leinwand, kippe das Bild, wiege es wie ein Baby hin und her und sprühe auch mit einer Wasserdüse die Farben über die Bilder. Auch der Spachtel kommt zum Einsatz. „So kommt Schicht auf Schicht. Bei manchen Bildern weiß ich gar nicht mehr, wie viele Schichten es gibt“, gibt sie freimütig zu.

In den zwei Etagen des Rathauses kann man auf Entdeckungsreise gehen. Das kunstinteressierte Auge erfreut sich an der Vielfältigkeit von Formen, Themen und Formaten. Da gibt es runde kleine Abstrakte, Schatten werfende Flaschen, an den italienischen Künstler Giorgio Morandi erinnernd. Dazwischen immer wieder die abstrahierten Landschaften. In Öl, Acryl, Coldwax und in Mischtechnik. 38 Exponate setzten hier einen bunten Kontrast zu hellen Fluren.

Das Gesamtkonzept gefällt. Da sind die Eheleute aus Kelkheim, die das Farbenspiel bei den Kleinformaten entzückt. Uneingeschränktes Lob auch von Heiner aus Frankfurt, der mit „seinen Frankfurter Mädscher“ Roswitha und Elke mit Sekt und Knabberzeug am Tisch steht. „Was will man mehr, gute Kunst und gute Gespräche“, lautet sein Resümee.

Die Ausstellung ist noch bis zum 7. Juni im Krifteler Rat- und Bürgerhaus (Frankfurter Straße 33 bis 37) zu sehen, und zwar montags, mittwochs und freitags in der Zeit von 8 bis 12 Uhr und donnerstags von 16 bis 18 Uhr.

Die Künstlerin Ingrid Franke

Ihre Kunstwerke hat Ingrid Franke bereits in diversen Ausstellungen gezeigt. Regional, wie zum Beispiel in Wiesbaden im Justizzentrum, im Rheingau und in Hofheim - dort zuletzt in der ambitionierten Ausstellung „Der bittere Rest“ zum Thema Müll, aber auch überregional, unter anderem im Schweriner Dom, in der Bretagne, auf der AERO Friedrichshafen und in Japan. Zwei ihrer Bilder hängen in den Partnerstädten von Hofheim: Chinon und Pruszcz Gdański. Mit dem Künstler Thomas Reinelt war sie 2017 mit einem gemeinsamen Projekt Preisträgerin des Kunstwettbewerbs „Intermezzo“ des Main-Taunus-Kreises. Seit ihrem Lehramts-Studium ist die Malerei ihr ständiger Begleiter und immer auch Unterrichtsgegenstand für sie, sowohl als Lernende als auch als Lehrende. Viele Jahre ist sie schon Mitglied im „Wallauer Fachwerk“ und dort im Vorstand, außerdem Mitglied im Verein „Kelkheimer Kunstkaufhaus“.

Weitere Artikelbilder:

Noch keine Bewertungen vorhanden


X