Totengedenkfeier auf dem Friedhof Kriftel

Bürgermeister Seitz: „Dieser Tag trägt uns auf, uns aktiv für eine friedliche Gegenwart und Zukunft einzusetzen.“

Christian Seitz bei seiner Ansprache vor dem Kriegerdenkmal.

„Der Volkstrauertag ist ein Tag des Erinnerns, des Gedenkens und der Trauer. Ein stiller Tag, an dem uns die Toten mahnen, nichts und niemanden zu vergessen und eine Lehre aus der Geschichte zu ziehen und dafür einzutreten, dass sich dieses Grauen nie wieder wiederholt. Eine Lehre aus der Geschichte zu ziehen? Wenn man in die Welt hinausschaut, muss man hinter diesen Satz in großes Fragezeichen setzen“, betonte Bürgermeister Christian Seitz in seiner Rede zum Volkstrauertag. Denn seit Februar herrscht wieder Krieg in Europa.

Seit fast zwanzig Jahren halte er nun auf dem Krifteler Friedhof eine Ansprache anlässlich des Volkstrauertages, so Seitz. Stets habe er betont, wie wichtig es ist, der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken und wie notwendig, aus der Erkenntnis dieses unermesslichen Leids Schlüsse zu ziehen. „Natürlich habe ich diese Worte immer ernst gemeint. Aber es ist auch die Wahrheit, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie in Europa jemals wieder eine solche Aktualität gewinnen könnten. War es nicht für uns eine Gewissheit, dass die Menschen in Europa sich so nahegekommen sind, so dass eine kriegerische Auseinandersetzung für uns alle mehr als undenkbar gewesen ist? Haben wir uns nicht alle bemüht, auch durch europäische Zusammenarbeit und Initiativen wie unsere Städtepartnerschaften, Freundschaften zwischen den Völkern zu stiften und den Friedensprozess unumkehrbar zu machen? Und nun stehen wir heute am Volkstrauertag wieder vor unserem Ehrenmal und schauen auf Europa. Und was wir sehen, zerreißt uns das Herz.“ Der verbrecherische Angriff Russlands auf die Ukraine mache die Welt fassungslos.

Feindschaft zwischen Ost und West schien überwunden

Bei sonnigem Wetter waren wieder viele Menschen - darunter Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, eine Abordnung der Bundeswehr mit Dr. Daniel Fries, des DRK-Ortsverbands und Vertreter der DLRG - vor dem Ehrenmal auf dem Krifteler Friedhof zusammengekommen: Würdevoll wurde mit Gedichten, Liedern und feierlichen Ansprachen dem Anlass gebührender Respekt erwiesen. Der Bürgermeister erzählte ihnen eine ganz persönliche Geschichte: Vom Mauerfall, seinem Engagement in einer politischen Jugendorganisation, der Reise mit anderen jungen Menschen nach dem Abitur in östlichen Länder Europas – überzeugt davon, dass der kalte Krieg und damit die Feindschaft zwischen Ost und West überwunden wurde.

„Im Frühjahr dieses Jahres habe ich wieder eine Reise nach Polen angetreten. Diese Reise war von ganz anderen Gefühlen geprägt. Mit einem Hilfskonvoi sind wir zusammen mit dem Städtepartnerschaftsverein, Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr und zwei großen Lastwagen voll mit Hilfsgütern in unsere Partnerstadt Pilawa Gorna gefahren. Von der Euphorie vor 30 Jahren war bei dieser Fahrt nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil.“ Er nutzte die Gelegenheit, sich noch einmal bei allen Bürgerinnen und Bürgern zu bedanken, die etwa einhundert aus der Ukraine geflüchtete Menschen in Kriftel willkommen geheißen und ihnen auch privat eine Herberge gegeben haben. „In diesem Jahr denken wir im Besonderen an die Kriegstoten und ihre Angehörigen in der Ukraine“, so Seitz. „Der Volkstrauertag gibt uns zudem einen Handlungsauftrag: uns aktiv für eine friedliche Gegenwart und Zukunft einzusetzen.“

Jirasek gedachte den Toten

Musikalisch eingerahmt wurde das gemeinsame Gedenken von der Kapelle Stüben, die die Lieder „Locus iste“, „Ave Maria“ sowie „Ich hatt‘ einen Kameraden“ vortrugen. Katja Gorol, Künstlerin aus dem „ShowSpielhaus“, intonierte gefühlvoll das Lied „Sag mir wo die Blumen sind“. Der Männerchor des Gesangverein Liederkranz trug die Musikstücke „Möge die Straße uns zusammenführen“ und „Über den Sternen“ vor. Emotional deklamierten die Weingartenschülerinnen Kaya Altner und Natalie Hirt (beide aus der G9a) das Gedicht „Zum Volkstrauertag“ von Hubert Janssen, Mia Sturm aus der G10b trug das Gedicht „Krieg“ von Annegret Kronenberg vor.

Passend war auch das „Totengedenken“, vorgetragen vom Ersten Beigeordneten Franz Jirasek. Man gedenke den Opfern von Gewalt und Krieg, den Soldaten, die in den Weltkriegen starben, durch Kriegshandlungen oder in Gefangenschaft oder auf der Flucht, die aufgrund ihrer Nationalität oder Rasse, einer Krankheit oder Behinderung verfolgt und getötet wurden, die den Tod fanden, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, die Opfer von Terrorismus, Extremismus, Rassismus oder Antisemitismus oder politischer Verfolgung wurden. Auch die Bundeswehrsoldat/innen und Einsatzkräfte, die im Auslandeinsatz ihr Leben verloren, schloss er ein.

Nach seinem feierlichen Beitrag und der Mahnung an die Lebenden, ein friedliches Miteinander zu fördern, wurde es still unter den Anwesenden. Bei der gebotenen Ruhe der Kranzniederlegung konnte jeder die wohlgesetzten Worte der Redner, der Vortragenden und die Lieder der Singenden und Musizierenden Revue passieren lassen.

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