Ein würdiger Ersatz mit viel Herz

In diesem Jahr fand das Lindenblütenfest zu Hause und auf dem YouTube-Kanal der Kerbegesellschaft statt

Michael Wipfler, der 1. Vorsitzende des KGK, begrüßte die feierwilligen Zuschauerinnen und Zuschauer zum diesjährigen Lindenblütenfest - ausnahmsweise "nur" auf dem YouTube-Kanal der KGK.

Es mag für die vielen Freundinnen und Freunde des traditionellen Lindenblütenfestes in Kriftel nur ein schwacher Trost gewesen sein - aber man kann dennoch festhalten: Hätte das beliebte Straßenfest in diesem Jahr nicht pandemiebedingt abgesagt werden müssen, wäre es zumindest am vergangenen Samstagabend tüchtig ins Wasser gefallen. Starke Regenfälle hätten dem üblichen bunten Reigen im Herzen der Gemeinde ein gutes Stück weit im Weg gestanden.

Umso schöner war es deshalb, dass sich die Kerbegesellschaft Kriftel (KGK) in Anbetracht der bereits zweiten Absage des Lindenblütenfestes in Corona-Zeiten ohnehin schon frühzeitig um ein pandemie- und damit auch wettersicheres Ersatzprogramm bemüht hatte.

Bereits bei der Vorstandssitzung im Februar wurde beschlossen, dass es auch in diesem Jahr in Kriftel kein solches Fest geben kann. Tobias Guldner, der Geschäftsführer der Kerbegesellschaft, beschrieb die Aussichten schon damals als "denkbar schlecht", und man wollte sich selbst und den vielen Standbetreibern eine noch längere Hängepartie ersparen.

Die dadurch gewonnene Zeit nutze man kurzerhand, um den Fans des Lindenblütenfestes ein möglichst schönes Trostpflaster zu kredenzen. Hierfür startete bereits Ende April der Vorverkauf von "Liblü in the Box", also quasi einem kleinen Lindenblütenfest in der Kiste. Diese war unter anderem gefüllt mit den Waren und Produkten beliebter Standbetreiber. Damit wollte die KGK zum einen die Lindenblütenfest-Freunde beglücken und zum anderen ihren treuen Lieferanten auch ein wenig durch die schwere Pandemiezeit helfen. Die zum Selbstkostenpreis erhältliche Box war auf 200 Exemplare limitiert und konnte rechtzeitig am Obsthof am Berg abgeholt werden.

"Liblü@Home"

Doch damit nicht genug: Eine festtypische Verpflegung ist ja nur die halbe Miete - ohne die dazugehörige Geselligkeit, Fröhlichkeit und Musik würden elementare Bestandteile des Lindenblütenfestes weiterhin fehlen. Deshalb machte man sich bei der KGK die Mühe, auf YouTube ein passendes Programm unter dem Motto "Liblü@Home" auf die Beine zu stellen - in Anlehnung an die erfolgreiche Sofafastnacht des Krifteler Karneval Klubs (KKK), die im vergangenen Februar schon für Furore sorgen konnte.

Pünklich um 17 Uhr ging die Sause am frühen Samstagabend auf dem YouTube-Kanal der Kerbegesellschaft Kriftel online, und über 600 Aufrufe können die dazugehörigen Videos bereits verzeichnen.

Zum Auftakt begrüßte der 1. Vorsitzende des KGK, Michael Wipfler, die Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Endgeräten. Natürlich mit einem guten Stück Wehmut beschrieb dieser, was allen in diesem Jahr einmal mehr entgeht: Die Krifteler Festmeile wäre zu diesem Zeitpunkt längst komplett geschmückt gewesen, das Lindenblütenfest 2021 hätte starten können - doch durch Corona war dies erneut nicht möglich. "Aber wir haben uns gedacht: Wir lassen uns etwas ganz Besonderes für Euch einfallen", kündigte Wipfler mit sichtlicher Vorfreude an und wünschte viel Spaß mit dem folgenden Programm, das man im Idealfall natürlich mit dem Inhalt der "Liblü-Box" genießen sollte. Und natürlich wurden alle Clips im Video unter den geltenden Abstands- und Hygieneregeln gedreht. Zudem verfügten alle Mitglieder zum Zeitpunkt der Aufnahmen über ein negatives Testergebnis.

Zunächst durfte man einem witzigen Dialog zwischen KGK-Kassierer Boris Mühlbauer und Geschäftsführer Tobias Guldner lauschen - was gar nicht so leicht war, denn die beiden waren dabei permanent mit dem Sägen eines Baumstammes beschäftigt. Die beiden tauschten sich darüber aus, was in diesem Jahr angesichts der Corona-Pandemie alles nicht geht: von dem Aufstellen einer Bühne mit Live-Musik über das Kinderkarussell bis hin zu Essensständen: Alles würde zu viele Leute anlocken. "Das genehmigt uns der Christian net", gab Guldner im Hinblick auf den Bürgermeister zu Bedenken.

Auch "Putzaktionen" mit Staubwedel und Wischtuch der KGK-Mitglieder am Lindeneck erwiesen sich in diesem Jahr ohne tatsächliches Straßenfest als nutzlos. Alles vergebliche Mühen, die man ohne das Lindenblütenfest auch sein lassen konnte.

Fassanstich einmal anders

In einem kleinen Sketch zeigte Bürgermeister Christian Seitz sein komödiantisches Talent. Dessen Terminkalender wurde nicht rechtzeitig aktualisiert, und als ihm der Kalender seines Smartphones den Beginn des Lindenblütenfests signalisierte, machte er sich einfach wie gewohnt auf den Weg dorthin - nur, um natürlich ein komplett verwaistes Lindeneck vorzufinden. "Hier ist ja überhaupt keiner! Wo ist denn das ganze Volk?", fragte sich der Rathauschef und suchte zunächst vergeblich nach einem Fass zum Anstechen.

Ein kleines Freibier-Fass fand sich dann aber doch noch, und mit dem Rad machte sich Seitz auf zum Anstich im kleinsten Kreis - Böllerschütze inklusive, wenn auch ohne den üblichen lauten Schuss.

Luftballons, Bowle und Grillgut

Und auch die anderen markanten Ereignisse eines jeden Lindenblütenfestes fanden ihren Weg in das knapp 14-minütige Video: Eine Variation des alljährlichen Luftballonwettbewerbs führte diesmal Michael Wipfler alleine im aufblasbaren Pool im eigenen Garten durch, eine Anleitung zum Mixen einer eigenen Erdbeerbowle wurde geliefert, die Präsentation eines Bratwurststandes machte Appetit auf das eigenhändige Grillen und die Kerbeborschen präsentierten "zusammen" in einzeln aufgenommenen Videos - und das erstaunlich synchron - einen launigen Trinkspruch, bevor man schließlich ins nächste Video wechseln konnte: Die Partyband Deja vu nahm extra für das Lindenblütenfest 2021 ein komplettes Konzert auf, das sicher in vielen Wohnzimmern und Gärten für kleine Lindenblütenfeste im privaten Rahmen die passende musikalische Untermalung bot.

Und auch wenn sich natürlich alle wünschen, dass im nächsten Jahr endlich wieder im vollen Umfang auf Kriftels Straßen gefeiert werden kann, so erwies sich doch auch dieses Trostpflaster in bewegten Bildern als willkommener Ersatz, der deutlich machte: Die KGK denkt auch in Krisenzeiten an die Freunde des Lindenblütenfestes.

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