Das zentrale Thema des Abends: Die Sanierung zweier Deichabschnitte in Ginsheim-Gustavsburg (wir berichteten).
Vor Eröffnung der Sitzung überreichten zwei Vertreterinnen der neu gegründeten Initiative „Erhalt der historischen Dammmauer“ Bürgermeister Richard von Neumann einen Ordner mit 1377 Unterschriften. Damit wendet sich die Initiative gegen den geplanten Abriss der rund 120 Jahre alten Dammmauer in Ginsheim.
„Das hat es für Ginsheim noch nicht gegeben, dass 1300 Leute unterschreiben“, wertete Rudolf Guthmann (CDU) die Unterschriftenaktion positiv. „Die haben sich Arbeit gemacht, die kämpfen für unseren Ort“, zeigte sich Siegfried Nachtmann von den Freien Wählern ebenfalls beeindruckt.
Bürgermeister Richard von Neumann erläuterte, warum der Gemeindevorstand den Abriss der historischen Mauer empfiehlt. Die Sicherheit der Bürger im Falle eines Hochwassers stehe an erster Stelle. Erst dann komme eine angenehme Ortsansicht, machte er deutlich.
In der Stellungnahme der Gemeinde an den Bauherren, das Land Hessen, solle eine vollkommene Verblendung des Betons mit Naturstein eingefordert werden, erläuterte der Bürgermeister. Auch könne man noch über die Höhe verhandeln. Bisher war eine 1,05 Meter hohe Betonmauer geplant, die mit mobilen Elementen im Hochwasserfall auf 1,30 Meter aufgestockt werden kann. Jetzt zeigte sich von Neumann bereit, auch für eine Mauerhöhe von rund 70 Zentimetern zu plädieren, wie sie die jetzige Dammmauer hat. Bis zu 400 000 Euro könne eine Gesamtverkleidung mit Naturstein kosten, gab er an.
Varianten, die eine mobile Schutzwand und damit den Erhalt der historischen Mauer vorsehen, erteilte er eine Absage. Bei Hochwasser ein mobiles Schutzsystem auf dem Damm aufzubauen, verringere die Durchfahrtsbreite für Rettungsfahrzeuge. Eine mobile Wand wasserseitig zu errichten, verringere den Retentionsraum, erklärte von Neumann den Bauausschussmitgliedern.
CDU lehnt Betonbauwerk ab
„Ein Betonbauwerk werden wir ablehnen“, sprach sich Rudolf Guthmann für die CDU-Fraktion gegen den Abriss der Dammmauer aus. Er schlug zwei bisher nicht beratene Varianten zu deren Erhalt vor. Eine Möglichkeit sei die alte Mauer anzubohren und mit Beton zu verfüllen, um sie stabiler zu machen.
Eine andere Möglichkeit sei der vorsichtige Abbau der Dammmauer, das Eindrücken von Spundwänden und die Erstellung eines Betonkerns. Dann sollen die alten handbehauenen Steine auf beiden Seiten des Kerns wieder aufgemauert werden. Das sei etwas anderes als die vom Gemeindevorstand vorgeschlagene Variante, bei der nur die Betonwand mit Sandsteinplättchen „beklebt“ würde. „Der Charakter der alten Wand bleibt so erhalten“, resümierte Guthmann und forderte Zeit für die Prüfung dieser beiden neuen Varianten.
Die Freien Wähler hatten in diesem Zusammenhang einen Antrag eingebracht, der in großen Teilen dem Vorschlag des Gemeindevorstands entsprach: Betonmauer mit Sandsteinverkleidung. Allerdings sollen hierfür die aufgeschnittenen Steine der alten Dammmauer verwendet werden.
Claus Rethorn (Bündnis 90/ Die Grünen) wies darauf hin, dass Ginsheim-Gustavsburg durch Rhein und Main besonders hochwassergefährdet sei. Er bezweifele, dass sich in 20 Jahren noch genügend Freiwillige finden, die eine mobile Wand aufbauen können. Ihm gehe der Hochwasserschutz vor dem Schutz historischer Bauten, betonte er.
Rethorn schlug vor, von den zwei Bauvorhaben zum Hochwasserschutz in der Doppelgemeinde die Gustavsburger Maßnahme vorzuziehen. Dann könne über die Ginsheimer Varianten noch intensiver nachgedacht werden. Auch forderte er für Gustavsburg, dass in der Erzbergerstraße die Spundwand mit Strukturbeton verkleidet werden solle.
Torsten Reinheimer (SPD) wies darauf hin, dass es sich nicht nur um ein historisches Bauwerk, sondern vor allem um ein Funktionsbau zum Hochwasserschutz handele. Keinesfalls könne die Einsatzabteilung der Ginsheimer Feuerwehr, die aus 43 Aktiven besteht, die mobile Wand aufbauen, zeigte sich das Feuerwehrmitglied überzeugt.
Auch an eine mögliche Bürgerwehr glaubt er nicht. „Alle, die 50 Meter vom Damm weg wohnen, machen Hochwassertourismus“, vermutet Reinheimer, dass freiwillige Hilfskräfte für den Aufbau der mobilen Hochwasserschutzwände nicht zu finden sind. Fraktionskollege Alfons Bayer (SPD) betonte: „Das Bauwerk hat sich der Sicherheit unterzuordnen.“
Weil noch Beratungsbedarf herrschte, wurde die Abstimmung auf die Gemeindevertretersitzung (22.6.) verschoben. Der Bürgermeister bekam die Aufgabe beim zuständigen Regierungspräsidium Darmstadt nachzufragen, wann die Stellungnahme der Gemeinde spätestens vorliegen muss. Der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Jochen Krausgrill, signalisierte, dass er sich auch eine Sondersitzung zu diesem Thema vorstellen könne.
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