Tipp: Ganz nah rangehen mit den Augen

Modellbau-Club Mainspitze präsentierte im Bürgerhaus Ginsheim Boote, Schiffe und mehr

Die Vielfalt vor allem der nautischen Welt konnten die Besucher der Modellbauausstellung im Bürgerhaus Ginsheim entdecken. Der Modellbau-Club Mainspitze präsentierte auch wieder Gastvereine aus der Region.
(gus/Foto: Steinacker)

GINSHEIM (pm) – Der Eindruck im Bürgerhaussaal war stark maritim: Schiffskörper in allen Varianten bestimmten das Bild bei der Ausstellung des Modellbau-Clubs Mainspitze am Sonntag, 1. November. Wer etwas genauer hinschaute, entdeckte auch noch ein paar andere Dinge, doch die Konzentration auf schwimmende Fahrzeuge war eindeutig bei der Ausstellung. Kein Wunder, beschäftigen sich die hiesigen Modellbauer, deren Pioniere von der „Interessengemeinschaft Modellbau Ginsheim“ sich 1977 zu einem Verein zusammentaten, als Altrheingemeindler nun einmal vornehmlich mit den fahrtüchtigen Nachbauten von Booten und Schiffen.

Die eigenen Exemplare machten den Großteil, aber längst nicht die ganze Ausstellung aus. Richtig interessant wird solch eine Schau, jedenfalls für die Fachkundigen und Ginsheimer Vereinsmitglieder, erst durch die zahlreichen Gastaussteller. Aktive aus anderen Modellbauvereinen der Region, vornehmlich solche, die sich wie die Ginsheimer auch mit Schiffsmodellen beschäftigen. Man kennt sich, man besucht sich gegenseitig regelmäßig, und alles nicht wie im Sport auf Konkurrenzbasis, sondern als verschworener Liebhaberkreis.

In jedem Fall war es gut, dass die Nachbauten in kleinem Maßstab zu sehen waren, denn in Originalgröße hätten die ausgestellten Fahrzeuge locker mehrere Fußballfelder gefüllt. Das garantierte schon der Koloss im Eingangsbereich, ein Flugzeugträger samt Kampfflugzeugen, der im wirklichen Leben mehr als drei Fußballfelder lang ist. Die Mehrzahl der Aussteller mag es weniger martialisch und baut lieber zivile Objekte. Denen, die bereit waren, den Kopf etwas tiefer zu nehmen und mit den Augen in die Miniaturwelt einzutauchen, wurde sogar so etwas wie Freizeit- und Urlaubsstimmung beschert.

Der Modellbauer an sich mag es übrigens gar nicht, wenn die Besucher über solche Augenblicke hinausgehen. „Beim Begutachten der Modellschiffe sind die Hände so in den Taschen zu verankern, dass sie nicht von alleine rausrutschen können“, wies ein laminierter Zettel die Passanten eines der Ausstellungstische an. Dass es den Modellen nicht guttäte, würde jeder Gast die Materialien per Fingerdruck austesten, liegt nahe, und eine gewisse Empfindlichkeit der Erschaffer der Modelle ist leicht nachvollziehbar.
Denn was da auf den Tischen präsentiert wurde bei solch einer Ausstellung hat vor allem eine Ursache: unzählige Stunden der Bastelarbeit. Je nach vorhandener Zeit für das Hobby sind es Jahres- oder gar Jahrzehntprojekte, denen sich die Erschaffer in deutschen Kellern und Nebenzimmern mit dem Erschaffen ihrer Werke widmen. Die Ginsheimer Modellbauer allerdings haben auch die Möglichkeit, die vereinseigene Werkstatt in der Gartenstraße zu nutzen, wo alle benötigten handwerklichen Geräte und Maschinen und sogar eine Lackierwerkstatt geboten werden.

Für die Modellbauer normal, für den Laien vielleicht nicht ganz klar: Die Projekte beziehen sich in der großen Mehrzahl auf real existierende Vorbilder aus aktueller oder vergangener Periode. In Zeiten des Internets ist es ein Leichtes, mehr über die realen Schiffe zu erfahren, denn die Szene dokumentiert genau, was auf den Meeren und Flüssen unterwegs war und ist, in Bildern und Berichten. Manchem mag dieses Nachforschen als Hobby schon genügen, der wahre Modellbauer braucht das physische Exemplar und genauso den Entstehungsprozess, der das Hobby mindestens genauso ausmacht wie das Pflegen der Sammlung.

Experte für die ganz großen Modelle ist beim Ginsheimer Klub Michael Höflich, dessen Modelle alleine den Bühnenbereich des Bürgerhauses füllten. Prägnant die Modelle der beiden riesigen Fähren der finnischen „Silja Line“ im Maßstab 1:100. Aus den 213 Metern der Ro/Ro-Auto- und Passagierfähre „Finnjet“ wurden bei Höflich 2,13 Meter Schiffsmodell eines legendären, von 1977 bis 2005 auf der Ostsee eingesetzten Fährschiffes, das mit sagenhaften 31 Knoten (gut 57 Stundenkilometer) rund 1800 Passagere und 380 Fahrzeuge transportierte – 2008 wurde es abgewrackt. Noch im Einsatz ist der riesige „Serenade“ mit über 2800 Passagieren Kapazität, aber nur 23 Knoten Höchstgeschwindigkeit.

Legendär und im realen Leben mit viel Seefahrtgeschichte verbunden sind auch die Vorbilder des „Löschkreuzers Weser“ und des Seenotrettungsboots „Adolph Brempohl“. Aber die Gastgeber haben auch viele kleinere Schiffe und Boote wie ein Holzrennboot samt Passagieren gebaut – interessant müssen die Vorbilder hauptsächlich sein.

Manche Hobbybauer fasziniert das motorisierte und per Funksteuerung zu bewegende Boot mehr als ein ruhendes Modell. Vor dem Bürgerhaus war eine Austobzone der Fahrzeuglenker per Joystick und Antenne eingerichtet. Drinnen hatten die Veranstalter aber auch ein Wasserbecken aufgebaut. In dem konnten kleinere Vertreter funkgesteuerter Boote im Einsatz gezeigt werden. Schließlich verstehen die Ginsheimer sich schwerpunktmäßig als Verein, der solche fahrbaren Modelle baut und mit seinen Rennsportbooten mit Erfolg an Wettbewerben teilnimmt. Eine Leistungsschau ist das jährliche Modellschaufahren auf dem Altrhein, während die Ausstellungen wie nun im Bürgerhaus nur im Abstand von zwei bis drei Jahre zu sehen sind.

Andere Bastler wiederum, wie Claus Rethorn, verbinden Modellbauwelten, die sonst wenig miteinander zu tun habe. Er dokumentierte seine heimische, natürlich im Bürgerhaus keinen Platz findende Anlage des Fährbahnhofs Puttgarden auf Fehmarn auf Fotos. Davor präsentierte er das Herzstück der Anlage aus nautischer Sicht, das Modell des historischen Fährschiffs „König Frederik IX.“, das in den 50er- und 60er-Jahren Züge verschluckte und über See transportierte.

Andere Vereine legen andere Schwerpunkt ihres Schaffens, wie die Ausstellung zeigte, nicht nur, weil auch einige Auto- und Flugzeugmodelle zu sehen waren. Am Stand des Schiffsmodellbauclubs Wiesbaden konnte man gar über Herzstücke der fahrbaren Modelle informieren, über die Motoren und ihre Funktionsweise fachsimpeln.

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