Vergessen wurde die Anschlagsserie in Paris während des Abends jedoch in keinster Weise, denn gerade die großen Redner verstanden es, mit ganz persönlichen Versen oder auch Zeichen, wie beispielsweise ein Verzicht auf Zugaben und dem in einem ruhigen „Heile Gänsje“ mündenden Vortrag von Pfarrer Sascha Jung, an das Geschehene zu erinnern. Die Freude an der Fastnacht ließen sich die Flörsheimer im Gegensatz zu einigen Mainzer Vereinen, die Kampagneneröffnungen am Samstag abgesagt hatten, dennoch nicht nehmen. „Ich bewerbe mich im kommenden Jahr auf die Stelle des Mainzer Bischofssitzes und gemeinde die Flerschemer erstmal wieder ins Mainzer Bistum ein“, meinte Pfarrer Sascha Jung, der Redner Andreas Schmitt noch auf der Bühne seine Hochachtung erwies und ihn gemeinsam mit Moderator Ralph Bender unter stehendem Applaus von der Bühne verabschiedete. Schmitt ging natürlich nicht, bevor er dem Vorschlag von Jung noch eins drauf setzte und konterte: „Und ich werd dann 'Woibischof'.“
Auch Protokoller Gregor Stark nahm sich den harten Themen dieser Tage an und formulierte: „Hab kein Problem mit Flüchtlingen, Kosten – hab ein Problem mit Nazis im Osten.“ Es seien Milliarden zur Rettung der Banken ausgegeben worden, und so müsste es für die Flüchtlinge doch lange reichen. Auch die Griechenlandkrise, die FIFA-Affäre und der VW-Skandal wurden von Stark aus der Bütt heraus beleuchtet.
Motto: „Viva Las Vegas“
Patricia Lowin kam als „Superfrau mit Menstruationshintergrund“ auf die Bühne, während das Ballett „Inkognito“ mit einer „Wild West Show“ begeisterte und so thematisch Kurs auf das diesjährige Kampagnenmotto „Viva Las Vegas“ nahm. Mit 19 Tänzern reichte dem Männerballett „Atzmann Tornados“ der Platz auf der Bühne kaum, doch heizten sie dem Publikum mit ihrer „Fiesta Mexicana“ ein. Andy Heider hatte sich ganz dem „American Way of Life“ hingegeben und kam als Uncle Sam daher. „Hoppes“ wurde 60, und so blickte Hans-Joachim Greb in seiner charmanten Art auf wahre Highlights seines Lebens, darunter der Tag der Erstkommunion oder die Festbeiträge von Tante Ruth, zurück: „Man hat geweint, gelacht – entscheidend ist, was man draus macht!“
Erstmals stand Jutta Schlosser auf der FCV-Bühne. Die KAB-Rednerin eröffnete mit ihrer Figur der „Butzfraa Aiche“ den zweiten Teil des Abends und wurde für ihre Plaudereien aus dem Pfarrhaushalt mit stehendem Applaus belohnt. Als Meenzer Polizist von der Dienststelle 11 kam Alex Leber daher. „Ich schlichte Streit, wo noch gar nix passiert is“, versprach Leber dem Publikum. Eine tolle Show legten die Tänzerinnen des Balletts „Cassiopeia“ hin. Die jungen Damen hatten sich mit ganz besonderen Trainingseinheiten vorbereitet und mit einer üppigen Cheerleader-Persiflage bewiesen, dass Erfolg auf der Fastnachtsbühne nicht von der Kürze des Rockes abhängig ist.
Schoppestecher Johannes Bersch stand erstmalig in der Bütt des Flörsheimer Carneval Vereins. Er trug nicht einfach nur einen typisch Meenzer Vortrag vor, sondern er ging in der Rolle des Schoppestechers ganz und gar auf, und so war Pointe für Pointe ein Genuss für alle. Er stand offen und ehrlich zu so manchem Fauxpas seines Lebens, legt er nach einem gelungenen Abend „des Dorschts“ doch schon mal die Klamotten ins Bett und hängt sich selbst über den Stuhl. Bernhard Knab ergriff am späten Abend in der Rolle des Narren die Möglichkeit, der Welt den Spiegel vorzuhalten und vergaß dabei auch nicht Danke zu sagen: „Danke, Deutschland, sag ich brav, dass ich in Freiheit leben darf.“
„Heile Gänsje“
Pfarrer Sascha Jung übernahm gemeinsam mit den Tänzerinnen der Gruppe „Oldstars“, die zu Beginn des Abends schon ein Elvis Medley präsentiert hatten, den Schlussakkord des Programms. „I'll follow him“ aus Sister Act münzten die jungen Damen im Nonnenkostüm fix auf den Ortspfarrer um, der mit geschminkt roter Nase in seiner Soutane verschmitzt auf der Bühne Platz genommen hatte und die Show genoss. Dankend ließ er sich beim Ablegen des Gewandes behilflich sein, um sodann am Piano noch ein paar amüsante Zeilen zu seinen New-York-Erfahrungen mit dem Domchor und seinem sich in der Zwischenzeit verselbständigenden Kühlschrank im Pfarrhaus zum Besten zu geben. Nach seinem höchst amüsanten Vortrag erinnerte Jung an den großen Flörsheimer Fastnachter Jochen Kunz, der vor 20 Jahren am 17. November verstorben war. Ihm und den aktuellen Geschehnissen widmete Jung ein „Heile Gänsje“ und verzichtete bewusst auf weitere Zugaben.
Alles in allem ein Abend großer Worte und Gefühle, bei dem trotzdem, fernab jeder Oberflächlichkeit, närrisch gefeiert wurde. Der FCV nutzte die Kampagneneröffnung auch, um verdiente Mitglieder zu ehren, und so erhielten Edmund Breivogel, Reiner Krummeck, Heinz Schicktanz, Walter Steube und Günther Susenburger Urkunden für ihre 40-jährige Treue zum Verein. Schicktanz und Susenburgen sind seit Anbeginn ihrer Mitgliedschaft aktiv am Fastnachtsgeschehen beteiligt, halfen im technischen Dienst, im Komitee, bei der Videotechnik oder beim Kassendienst.