Die Protokollnotiz als Trostpreis

Haupt- und Finanzausschuss beschließt nach drei Sitzungen keine haushaltsrelevanten Veränderungen

Als der Umbau des Stadtparks im Frühjahr umgesetzt wurde, entfielt aus Kostengründen die Wasserspiele. Die dfb möchte als Attraktion daher eine Spielfläche einrichten lassen, das wurde vom Ausschuss ohne Geldansatz als Protokollnotiz zur Prüfung an die Verwaltung weitergereicht.

Wohl dem, der sich an Protokollnotizen erinnert. Sie waren in der dritten und abschließenden Haushaltssitzung des Haupt- und Finanzausschuss das kleine Trostpflaster auf den Frustwunden der Oppositionsfraktionen SPD, FDP und Freie Bürger (dfb), die ihre Änderungsanträge gegen die Mehrheit(en) in keinem Fall durchbekamen. Entsprechend verabschiedete zunächst der Ausschuss und am Dienstagabend auch die Stadtverordnetenversammlung (Bericht folgt) den Haushalt mit den Stimmen der Koalition aus CDU und GALF, gegen die Stimmen der SPD und FDP, bei Enthaltung der dfb im Finanzausschuss und Zustimmung in der Stadtverordnetenversammlung (SVV).

Eine Protokollnotiz ist als Zugeständnis der Mehrheit zu verstehen, dass die im Antrag angesprochene Zielsetzung und Thematik durchaus positiv gesehen wird. Doch die im Antrag geforderten Ausgabenposten sollen auf keinen Fall in den Haushalt hineinkommen. So bleibt per Notiz der Vermerk, dass es dieses Thema gibt und dass die Verwaltung sich auch möglichst inhaltlich damit beschäftigen möge. Ob sie das tut, oder das nicht finanziell Wirksame und letztlich nicht Beschlossene im Verwaltungsalltag und in Bytes abgelegt in Vergessenheit gerät, hängt nun ganz von der Bereitschaft der Ämter ab – und sicher auch davon, ob noch mal jemand nachbohrt.

Angenommen wurde letztlich nur der Änderungsantrag der GALF zur Einstellung von 50.000 Euro für den Verein „Jugendberatung und Jugendhilfe“, durch den die Freizeit- und Unterstützungsangebote für ältere Jugendliche gestärkt werden sollen. Die Finanzierung sei durch Verschiebungen der Ansätze im entsprechenden Produktbereich (06) gesichert, hatte die GALF versichert, dem folgten alle Fraktionen.

Ansonsten reichte es für drei Protokollnotizen zu je einem Oppositionsantrag. Um das Wichtigste zu nennen: Nichts, was in dieser Sitzung beschlossen wurde, änderte etwas an der Gesamtkonstruktion des Etatentwurfs für 2024, der der SVV weiterhin mit einem Defizit im Ergebnishaushalt von rund 1,24 Millionen Euro vorgelegt wurde. Es war ein Hauptkritikpunkt der CDU und GALF an dem Antragstellerfleiß der SPD (die FZ berichtete), dass sich die Anträge der Sozialdemokraten zu Mehrausgaben von rund 1,3 Millionen Euro addiert hätten, ohne dass eine Gegenfinanzierung vorgeschlagen wurde.

Beim am ehesten auf Zustimmung stoßenden Antrag der SPD, der Erwerb der Flörsheimer Warte, stellte CDU-Fraktionschef Marcus Reif sogleich eine Protokollnotiz in Aussicht, ohne die im ursprünglichen Antragstext genannten 500.000 Euro. Den Betrag einfach so zu streichen und den Antrag inhaltlich stehen zu lassen ginge haushaltsrechtlich nicht, argumentierte Reif, „ohne Betrag ist es kein Haushaltsantrag mehr“. Nur die FDP stimmte gegen das vorgeschlagenen Vorgehen.

Bei den Freien Bürgern fand der Antrag zur Einrichtung einer „Spieleattraktion“ im Stadtgarten die Gnade einer Protokollnotiz als „haushaltsbegleitender Prüfantrag“. Die Verwaltung solle prüfen, ob die Einrichtung einer Fläche zu dem Zweck generell möglich ist und ob sich Sponsoren für die Anschaffungen finden lassen. Die Freien Bürger waren in ihrem Antrag von 20.000 Euro ausgegangen. Das vorgeschlagene Verfahren wurde einstimmig angenommen. Nicht geklärt wurde, inwieweit es, wenn sich daraus doch (wohl für 2025) ein Ansatz ergibt, Etatkonflikte mit der Wasserlandschaft geben könnte, die beim Umbau des Stadtparks aus finanziellen Gründen verschoben worden war.

Die FDP erntete den Teilerfolg „Protokollnotiz“ mit ihrem Vorschlag, zwei weitere „Smiley“-Tafeln anzuschaffen, sprich den Autos die Geschwindigkeit anzeigende Leuchttafeln, um besonders vor den Schulen für mehr Sicherheit zu sorgen. Seit der vorigen Sitzung hatte die Verwaltung geklärt, dass es bei der Anschaffung um 8000 Euro ginge. Marcus Reif hatte vor allem ein Problem mit dem Vorschlag: „Wir haben schlechte Erfahrungen damit gemacht, wenn die Stadtverordnetenversammlung dem Ordnungsamt Anweisungen gibt“, sagte der CDU-Fraktionschef. Zudem sei die Vorstellung der FDP, die Tafeln von Standort zu Standort wandern zu lassen, wegen des Arbeitsaufwandes das eigentliche Problem.

Als Protokollnotiz könne man das aufnehmen, meinte Bürgermeister Bernd Blisch, es seien für 2024 aber zumindest 6000 Euro für solche Anschaffungen eingestellt. Die Anregung von SPD-Fraktionschefin Melanie Ernst, für jede Schule eine Tafel anzuschaffen und fest zu installieren, lehnte Blisch als zu ambitioniert ab, „für alle reicht es nicht“. Perspektivisch könne das aber ein Ziel sein. „Es ist ja Geld vorgesehen“, begründete FDP-Fraktionschef Thorsten Press, warum er den Antrag zurückziehen wollte, da war die Verewigung über die Protokollnotiz sozusagen ein Bonbon.

Ansonsten hatte die Opposition nicht viel zu lachen. Nicht einmal die Streichvorschläge, die die Liberalen zur Gegenfinanzierung ihrer Anträge gestellt hatten – durch das Ausbleiben aller haushaltsrelevanten Beschlüsse letztlich hinfällig, dennoch von Press weiter verteidigt – fanden die Gnade der Mehrheit. Frank Laurent (GALF) mokierte sich über den FDP-Vorschlag, die Mittel für das Stadtradeln zu streichen. „Das sind 150 Euro für drei Gutscheine, die unter den Teilnehmenden verlost werden“, berichtete er, ansonsten würden maximal ein paar Plakate gedruckt. Zwar gebe es auch eine Anmeldegebühr beim veranstaltenden Klima-Bündnis von 800 Euro, „die entfällt bei uns aber, weil wir Klimakommune sind“.

Press rechnet die Kosten aber etwas anders, da verschiedene Stellen in der Verwaltung mit ihrer Arbeitszeit in die Kampagnen eingebunden seien – nun hatte er endgültig alle anderen Fraktionen gegen sich mit seinem Vorstoß. „Wir müssen doch irgendwo anfangen zu sparen“, beklagte der Fraktionsvorsitzende sich über die Haltung der anderen.

Das sagte er im Zusammenhang der Diskussion des zweiten Streich-Antrags seiner Fraktion, der darauf abzielte, die städtische Förderung von Photovoltaikanlagen zu streichen. Das fand immerhin die Unterstützung der Freien Bürger. Alois Mhlanga findet, dass die Förderung sowieso nur wenigen Bürgern nütze, „bei denen es auf die 500 Euro nicht ankommt“. Er schlug allerdings vor, die 30.000 Euro nicht zu streichen, sondern umzuleiten für ein lokale energetische Beratung, „die kommt auch Mietern und Einzelpersonen zugute“.

Nur gibt es die eben längst im Landkreis, kostenlos für alle Interessierte in der Kreisverwaltung, „einmal im Monat“, informierte die Erste Stadträtin Renate Mohr. Letztlich stütze Mhlangas dfb den FDP-Vorstoß, der Rest lehnte ihn ab.

Beim Thema Flörsheimer Warte fand Marcus Reif den Vorstoß, die Stadt solle bei der GRKW aktiv als Kaufinteressent auftreten und dafür 500.000 Euro in den Haushalt einzustellen „lustig“, habe die SPD beim ähnlichen Vorgehen der Stadt beim EKZ Herrnberg doch seinerzeit kritisiert, vorab Zielsummen zu nennen, „jetzt tut sie es“.

Die Idee an sich sei aber gut, sagte der CDU-Fraktionschef. Mit dem Prüfauftrag könne der Bürgermeister beauftragt werden, Gespräche zu führen, Geld soll für 2024 aber noch keines eingestellt werden. „Wir wollen die Möglichkeiten abklären“, betonte Melanie Ernst (SPD), dass es auch ihrer Fraktion im ersten Schritt lediglich um die Klärung der Situation gehe.

An der Warte gebe es einiges zu tun, konstatierte Press. Ob hier die GRKW oder ein Dritter tätig werde, sei eigentlich sekundär, „erst brauchen wir die Bereitschaft der GRKW zu verkaufen“. Mit der hat aber von keiner Seite bisher niemand ein Gespräch geführt, sonst wäre schon nach Flörsheim durchgedrungen, dass das Unternehmen sich seit 15 Monaten als Ergebnis der Verschmelzung mit der Regionalpark RheinMain Pilot gGmbH nunmehr "Regionalpark MainPortal gGmbH" nennt. Mit Stolz präsentiert diese sich auf ihrer Webseite als Eigentümer der Flörsheimer Warte, als erste ihrer zehn Attraktionen aufgeführt. Was natürlich nicht heißen muss, dass sich neun Attraktionen nicht auch ganz gut machen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X