Zu Beginn der Stadtverordnetenversammlung gab Bürgermeister Klaus Schindling ein ausführliches Statement zum eingestellten Ermittlungsverfahren gegen ihn ab.
Seit fast anderthalb Jahren sieht sich Schindling in der Öffentlichkeit zahlreichen schwerwiegenden Vorwürfen zu seiner Amtsführung ausgesetzt. In drei Fällen führten diese zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Die Vorwürfe zu allen drei Sachverhalten und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sind nun eingestellt worden.
In zwei Fällen hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt, da die Vorwürfe gänzlich widerlegt wurden. "Dies betrifft zum einen den absurden Vorwurf, ich hätte dem Geschäftsführer unser Hattersheimer Wohnungsbaugesellschaft eine städtische Sicherheitsleistung für die Finanzierung einer privaten Immobilie gewährt. Zum anderen betrifft dies die weitere, nicht weniger ehrenrührigen Behauptung, ich hätte 50.000 Euro als Vermittlungsprovision von dem Vermieter einer unserer städtischen Liegenschaften erhalten", so Schindling.
Hinsichtlich des dritten Vorwurfs der Vorteilsannahme durch Besuche von Heimspielen der Frankfurter Eintracht in der Loge eines Freundes hat die Staatsanwaltschaft dem Bürgermeister den Vorschlag unterbreitet, das Ermittlungsverfahren gegen Zahlung einer Auflage von 20.000 Euro einzustellen.
"Ich habe dieser Verfahrenserledigung nur zugestimmt, da damit ausdrücklich kein Schuldeingeständnis oder gar eine Schuldfeststellung verbunden ist. Ich gelte damit als unschuldig und habe dieses Kapitel persönlich wie juristisch in jeder Hinsicht abgeschlossen. Die Entscheidung, der Verfahrenseinstellung und der Auflage zuzustimmen, basiert auf einer Abwägung, die mir sehr, sehr schwer gefallen ist", führte Schindling weiter aus.
Natürlich hätte er sich dem Verfahren auch weiterhin stellen können, um öffentlich zu beweisen, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Vorteilsannahme gab. "Fast eineinhalb Jahre Zeitraum der Ermittlungen und die große mediale Aufmerksamkeit haben mich allerdings dazu bewegt eine Verfahrenseinstellung und der Auflage zuzustimmen." Schindling verwies an dieser Stelle auch auf die "großen Belastungen" für seine Familie und ihn selbst als Bürgermeister und Privatperson.
Auch seinen Wunsch hin gingen 10.000 Euro der Auflagenzahlung an das FeM Mädchenhaus Frankfurt. Bei einem Besuch der Einrichtung hat Schindling sich selbst über deren Arbeit informiert und "weiß, was damit Gutes getan wird".
Auch habe die Kommunalaufsicht nun nach und nach fast alle der 24 Vorwürfe als erledigt erklärt. Es bleibe allerdings bei dem in der Öffentlichkeit und auch in den Gremien der Stadt breit diskutierten Vorwurf unangemessene Zulagen an acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung bezahlt zu haben. Die Rechtmäßigkeit dieser Zulagen werde momentan auf Ebene der Kommunalaufsicht noch überprüft.
"In diesem Zusammenhang hat die Kommunalaufsicht auch die Staatsanwaltschaft informiert. Diese prüft ihrerseits noch, ob die Vorwürfe überhaupt für eine strafrechtliche Ermittlung geeignet sind. Da das Thema Zulagen in den letzten Monaten für viel Verunsicherung gesorgt hat, war die Beauftragung einer spezialisierten Fachanwaltskanzlei zur Überprüfung sämtlicher Zulagen an 274 bei der Stadtverwaltung beschäftigter Personen, die teilweise seit 1973 Zulagen erhalten, unumgänglich. Die rechtliche Prüfung dauert derweil noch an", so Schindling.
Welche Bedeutung das Thema hat, drücke sich auch in zahlreichen Anfragen von Mitgliedskommunen des Hessischen Städte- und Gemeindebundes zu den rechtlichen Grenzen der Gewährung von Zulagen aus.
Auch auf die Anfragen der Opposition zu diesem Thema ging Schindling in seiner Stellungnahme ein: "Ich habe bereits in den Ausschusssitzungen erklärt, welche Informationen der Stadtverordnetenversammlung zugänglich gemacht werden können und wo die Grenzen dafür sind. Um es klar zu sagen: Ich werde mit personengeschützten Daten nicht leichtfertig umgehen."
Ihm sei es ein besonderes Anliegen in diesem laufenden Verfahren die Menschen zu schützen, um die es hier geht. Die Forderungen der Opposition nach größtmöglicher Transparenz in diesem Zusammenhang würden jedoch auf eine öffentliche Vorführung einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinauslaufen. "So etwas werde ich nicht mitmachen", stellte Schindling klar. "Und ich lasse mich in diesem Punkt, dem Umgang mit persönlichen und geschützten Daten, nicht zu einem Fehler verleiten, den sie anschließend gegen mich verwenden können."
Die rechtliche Würdigung des Komplexes "Zulagen" bleibt abzuwarten. Er selbst habe jedoch stets nach bestem Wissen und Gewissen agiert, und das spricht Schindling auch seinen Amtsvorgängern nicht ab.
Im Rahmen ihrer Haushaltsrede ging Nathalie Ferko (Bündnis 90/Die Grünen) nochmal auf die Anfragen der Opposition ein. "Wir wollen gar nicht wissen, wer welche Zulagen bekommt, sondern wir haben allgemeine Fragen gestellt, die keinerlei personenbezogenen Daten zur Folge gehabt hätten." Zudem stimme man ja im Zuge des Haushalts den Stellenplan ab. Dort sehe man ja auch die Stellenanzahl. "Deswegen wäre es keine Not gewesen, wenn man gesagt hätte: Es gibt so und so viel Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die in den und den Bereichen Zulagen erhalten", so Ferko.
Thomas Abicht (SPD) ging in seiner Haushaltsrede noch weiter: "Weil der Landrat Ihnen, Herr Bürgermeister, mitgeteilt hat, dass Sie unzulässige Zulagen ausbezahlen, möchten Sie gleich in die Vollen gehen? Bis zu 100.000 Euro darf eine namhafte Anwaltskanzlei auf Kosten der Stadt verdienen. Ganz ehrlich: Der Betrag macht mich fassungslos."
Abicht wittert in Hattersheim eine "Dealpolitik", die ihn stellenweise an das erinnert, "was wir auf der anderen Seite des Atlantiks gerade beobachten können." Hier führte er unter anderem "seltsame Eintragungen von Grunddienstbarkeiten auf städtischen Grundstücken zugunsten eines Restaurants an, dessen Eigentümer den Bürgermeister kostenlos ins Stadion einlädt. Das hat alles irgendwie ein Geschmäckle."
Bürgermeister Schindling trat nach der Haushaltsrede des SPD-Stadtverordneten noch einmal selbst ans Mikrofon in der Stadthalle und bezeichnete diese Äußerungen als "unerträglich". Abicht trete damit die Unschuldsvermutung mit Füßen, und derartige Angriffe seien "Tiefschläge" und hätten "in einer guten Haushaltsrede nichts, aber auch gar nichts verloren."
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