Bei der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 7. Juli wurden zwei äußerst artverwandte Anträge eingereicht - einer von der Hattersheimer Regierungskoalition bestehend aus CDU, FDP und FWG, der andere von der SPD. Die Aussprache darüber mündete schließlich harmonisch in einen gemeinsamen Antrag, dem sich auch die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen anschloss und der im Rahmen der Stadtverortnetenversammlung am vergangenen Donnerstag einstimmig verabschiedet wurde. Es ging dabei um die Einrichtung eines Schüler- und eines Jugendparlamentes.
Die FDP-Stadtverordnete Karin Fredebold hielt hierzu ein geradezu flammendes Plädoyer. Sie verwies auf beunruhigende Entwicklungen weltweit. Auf den abgewählten US-Präsidenten Trump, der seine Anhänger dazu anstachelte das Parlament zu stürmen, weil er das Ergebnis einer demokratischen Wahl nicht anerkennen will. Das mache einem schon "richtig Angst", so Fredebold.
Sie verwies auch auf den deutschen Bundestag, in dem seit dem dortigen Einzug der AfD eine "andere Wortwahl Raum gefunden hat", und dass auch dort die "Regeln der gegenseitigen Gesundheitsfürsorge nicht beachtet werden und einfach keine Masken getragen werden". Diese Vorkommnisse erfüllen sie auch in Bezug auf Deutschland mit Sorge. Da mache man sich sorgen und fragt sich: "Was ist eigentlich nur los?"
Noch mal auf die USA verweisend stellte Fredebold fest, dass die Frage, aus welcher Bevölkerungsschicht sich das Gros der Wählerschaft von Trump zusammensetzt, meist mit "weiße Männer mit schlechter Bildung" beantwortet wird - "wobei das natürlich nur die halbe Wahrheit ist", stellte Fredebold direkt klar. Aber dennoch: Die Frage nach der Rolle der Bildung im Kontext zu dieser Entwicklung müsse schon beantwortet werden, und die Schule könne allein nicht dafür verantwortlich sein Demokratie und die Regeln für demokratisches Verhalten und einen fairen Umgang miteinander zu lehren. Deshalb sei dieser Antrag so wichtig.
"Demokratie ist eine Alltagsfrage, sie kann überall überall gelernt und geübt werden", so Fredebold. In der Familie, in der Nachbarschaft, im Verein, in der Schule und nicht zuletzt im Parlament. Demokratisches Handeln könne nicht nur rein theoretisch gelernt werden, man müsse es auch praktisch üben. Deshalb müsse man eine solche Gelegenheit um Üben schaffen.
Noch besser wäre es, wenn die junge Generation dies auch selbst einfordern würde. Deshalb versteht Karin Fredebold den Antrag auch als Aufforderung an junge Menschen in Hattersheim sich einzumischen, eigene Interessen und Belange mitzudiskutieren und die eigene Meinung zu sagen. Dabei könne man lernen, einander zuzuhören, zu diskutieren und Kompromisse zu entwickeln, Entscheidungen zu treffen und auch Niederlagen auszuhalten und Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren.
Jugendparlament bis zur Volljährigkeit
Die Idee zu diesen Parlamenten gebe es schon lange, so Fredebold. Die ehemalige Stadtverordnetenvorsteherin Silvia Maeder war seinerzeit die Initiatorin, und Hattersheim hat seit über 20 Jahren Nachwuchsparlamente, die jedoch derzeit noch mit dem Übergang an die weiterführenden Schulen enden. "Wir möchten gerne, dass das wieder durchgängig bis zur Volljährigkeit in Hattersheim allen Kindern und Jugendlichen zur Verfügung steht, unabhängig davon, welche Schule sie besuchen." Also auch außerhalb Hattersheims, das war vor allem der SPD-Fraktion in den Ausschussberatungen wichtig, betonte Fredebold und brachte noch einmal ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass es sich hierbei um einen Antrag aller Fraktionen handelt. Sie beendete ihren Redebeitrag mit der eindringlichen Botschaft: "Wenn wir uns in Deutschland und der Welt umsehen: Es hängt viel, vielleicht sogar alles daran, dass es gelingt, dass die junge Generation lernt, in demokratischen Prozessen das Beste für uns alle zu finden."
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