Jeder, der sich dafür engagieren möchte, dass die Förderungen nicht eingestellt werden und dass die vielfältigen Integrations- und Jugendarbeitsprojekte des Stadtteiles doch weitergeführt werden können, soll einen 40 Zentimeter breiten Wollstreifen stricken, so lange, wie seine Wolle reicht, gerne auch aus bunten Wollresten. Am 16. März um 16 Uhr werden dann alle gestrickten Teile am Südringtreff im Südring 16 bei einem „Strickmob-Event“, zu dem auch Landtagsabgeordnete eingeladen werden, zusammengefügt und als ungewöhnlicher Blickfang in Form eines „Riesenschals“ an der Fassade aufgehängt. Man kann sein „Strickstück“ entweder einfach dorthin mitbringen oder es auch schon vorher im Stadtteilbüro in der Pregelstraße abgeben. Es darf übrigens auch gehäkelt werden.
Wer weder stricken noch häkeln kann oder möchte, kann sich mit Wollspenden an der Aktion beteiligen. Die Wolle kann im Stadtteilbüro abgegeben werden. Wer gerne mitstricken möchte, aber keine Wolle dafür zu Hause hat, kann sich dort von dem gespendeten Material etwas mitnehmen.
„Dieser Schal soll auch die bunt zusammengesetzte Siedlung symbolisieren, die die Fortführung der Projekte der Sozialen Stadt braucht“, sagte Antje Köster. „Dort sind zurzeit zwar keine investiven Maßnahmen notwendig – aber die Kosten für die laufenden Projekte sollten weiter aufgebracht werden können.“ Diese Kosten belaufen sich im Moment auf etwa 170.000 Euro, von denen das Land Hessen, der Bund und die Stadt Hattersheim je ein Drittel zur Verfügung stellen. Beenden Land und Bund die Anschluss-Förderung für Städte, deren zehn Jahre Förderungsprogramm wie in Hattersheim ausgelaufen ist, tatsächlich völlig, kämen die Gesamtkosten auf die Stadt in einer sehr prekären Haushaltssituation zu. Auch Quartiersmanagerin Heike Bülter vom Stadteilbüro der Caritas findet, Bund und Land dürften die Stadt hier nicht alleine lassen. „Anschlussförderung ist notwendig, denn es ist wichtig, dass man nun bei den Leuten bleibt, diese Projekt-Stadtteile brauchen jetzt auch weiter professionelle Unterstützung. Die Soziale Stadt-Standorte brauchen Zeit, damit bisher Erreichtes sich in die Generationen weitergeben kann. Jetzt dort betreute Jugendliche werden Eltern und sollen die Werte an ihre Kinder weitergeben, dabei brauchen sie weiterhin Hilfe, man darf nicht nach zwölf Jahren einfach wieder aufhören“, fordert sie eindringlich.
Christine Martin-Pelaez lebt seit ihrer Kindheit in der Hattersheimer Siedlung, sie hat die Projekte der „Sozialen Stadt“ von Anfang an erlebt und auch zum Teil aktiv mitgestaltet. Viele ihrer Nachbarn sind weggezogen, als die ersten Anzeichen für Probleme in der Siedlung spürbar wurden – da ging es um Begriffe wie „sozial schwache“, „bildungsferne“ Bewohner, es ging um Integration oder um Probleme zwischen jung und alt. „Damit war man in der Siedlung damals ohne fachliche Kompetenz überfordert. Erst als das Stadtteilbüro aufgemacht werden konnte gab es eine Struktur, es gab Lösungsansätze und es gab sogar Ergebnisse“, weiß sie zu erzählen. „Dabei war etwa die ehrenamtlich nicht zu leistende aufsuchende Jugendarbeit, die Qualifizierung von Anwohnern als Mediatoren, die Ausbildung der Integrationslotsen oder auch die Organisationsberatung eine große Hilfe.“ Christine Martin-Pelaez zählt noch viele momentan im Stadtteil-Alltag wichtige Dinge auf, die durch die Streichung der Anschluss-Förderung so nicht mehr möglich wären, wie etwa das „Frauenfrühstück“ oder die „Kleine warme Mahlzeit“ und die „Gesundheits-AG“. „Dabei ist es doch das Ziel des Projektes Soziale Stadt, den sozialen Status in Stadtteilen, wie zum Beispiel unserer Siedlung, langfristig zu verbessern und auch wieder besser situierte Menschen dorthin zu bringen. Dazu müssen die Menschen dort weiter an die Hand genommen werden – und dafür stricken wir“, sagt sie kämpferisch.
Zwar hat die Stadt Hattersheim in der Sache durch die Mitwirkung bei der Gründung des „Bündnisses für eine Soziale Stadt“ und auch durch eine an die Hessische Landesregierung und an die Bundesregierung gerichtete Resolution der Stadtverordnetenversammlung Flagge gezeigt, aber mit dieser bunten „Strickmob-Aktion“ soll der Forderung nun noch einmal ganz öffentlich Nachdruck verliehen werden. „Denn wir brauchen in diesem Jahr endlich eine Entscheidung“, erklärt Bürgermeisterin Antje Köster energisch.
Wenn aus den hoffentlich vielen bunten Strickstücken am 16. März etwas „gemeinsames Großes“ entsteht, hoffen alle Initiatoren und Beteiligten der Aktion, dass dieses „lange Band der Sympathie“ niemand mehr übersehen kann – bis dahin stricken alle (natürlich nur in ihrer Freizeit) fleißig weiter.
Weitere Informationen zum „Strickmob“ findet man unter www.hattersheim.de oder bekommt sie persönlich oder telefonisch im Stadtteilbüro der Caritas, Pregelstrasse 1 a, Telefon 06190– 935818.