„Nicht nur großformatig, auch großartig!“ Neujahrsempfang der Caritas Main-Taunus mit Vernissage im Haus St. Martin

Erhard Scherfer (links) und Torsten Gunnemann gemeinsam mit Antje Kern .
Erhard Scherfer (links) und Torsten Gunnemann gemeinsam mit Antje Kern .

Neujahrsempfang der Caritas Main-Taunus mit Vernissage im Haus St. Martin

Das Jahresmotto des Deutschen Caritasverbandes für 2020 lautet „Sei gut Mensch!“ Warum gerade dieser Satz ausgewählt wurde, beleuchtete Torsten Gunnemann, Geschäftsführer der Caritas Main-Taunus beim Neujahrsempfang 2020 in der Hattersheimer Facheinrichtung für Wohnungslose Haus St. Martin am Autoberg: „Wir wollen damit einen Akzent setzen und deutlich machen, dass es „gute Menschen“ in unserer Gesellschaft braucht!“ stellte er nach der Begrüßung der zahlreichen Gäste fest. Dabei wendet er sich entschieden gegen die sogar im Duden mittlerweile festgeschriebene Auslegung, die Empathie und Toleranz eines „Gutmenschen“ könne als „unkritisch oder übertrieben empfunden“ werden. Da der schon im Jahr 2015 sogar zum „Unwort des Jahres“ gekürte Begriff, der im Einklang mit dem Caritas-Motto „Not sehen und handeln“ steht, in den letzten Jahren immer wieder dazu benutzt wurde, helfende, mitmenschliche Menschen zu diffamieren, sei es höchste Zeit, dem etwas entgegen zu setzen. „Sei gut Mensch!“ spielt bewusst auf die Debatten der letzten Jahre an, mit ihr wollen wir deutlich machen, dass unsere Gesellschaft mutige Menschen braucht“, erklärte Gunnemann, „gerade vielfältige Gesellschaften wie unsere sind darauf angewiesen, das Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und tatkräftig zu helfen – sei es in ihrer Freizeit oder in ihrem Beruf.“ Dennoch weiß auch er: „Man kann es drehen und wenden, wie man will: Gute Menschen haben es heutzutage schwer, sie werden immer wieder mit diesem „Gutmensch“-Label versehen, um deutlich zu machen, wie naiv und weltfremd sie doch seien.“ Allerdings sei es so, dass diese Menschen etwas bewegen und für solidarisches Miteinander einstehen. „Was sollte also schlecht daran sein, Gutes zu tun? Machen wir es einfach!“, forderte Gunnemann die über 400 Ehrenamtlichen sowie die hauptamtlichen Beschäftigten im Haus St. Martin, in der Tafel, im Anziehpunkt, im Betreuungsverein und in den Demenzprojekten der Caritas mit viel Optimismus im Hinblick auf die positiven Auswirkungen solchen Tuns auf. Dabei hat er nicht nur diejenigen, denen geholfen wird im Blick, sondern auch die Helfenden selbst: „Gut sein verbindet sich auch mit einem gesunden Egoismus. Wenn ich helfe, mitfühle, lache, ermuntere, umsorge, berate, dann bekomme ich dafür so viel zurück: Dankbarkeit, Glück, Gemeinschaft. Gut sein bedeutet also, das Leben anderer und rückführend auch mein eigenes lebenswert zu machen.“

Ziel der Caritas-Kampagne ist es, den Begriff „Gutmensch“ ins Positive zu wenden und das bürgerschaftliche Engagement als wichtigen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt erkennbar zu machen. „Für die Caritas ist klar: Ein guter Mensch zu sein, darf nicht verunglimpft werden“, ist sich Gunnemann sicher. Er ist überzeugt: „Unsere demokratische Gesellschaft braucht das Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger, ihre Perspektiven und starke zivilgesellschaftliche Organisationen, die darauf drängen, dass der Mensch bei politischen Entscheidungen im Mittelpunkt steht. Das ist weder dumm noch naiv.“ Und mit der strahlenden und zufriedenen Feststellung „Zum Glück gibt es viele gute Menschen, die den Zusammenhalt stärken!“ wünschte er allen Gästen des Abends herzlich ein gutes Neues Jahr 2020.

Fotografie mit poetischer Wirkung

Es ist schon Tradition im Haus St. Martin, dass man dort Neujahrsempfänge auch immer wieder zum ersten kulturellen Ereignis in einem neuen Jahr macht. Daher startete auch 2020 für alle Gäste mit den wunderbaren, poetischen Farbeindrücken von Bildern, die die Hofheimer Fotografin Antje Kern in einer ganz besonderen Technik aufgenommen hatte. Im Format ein mal ein Meter beherrschten sieben Kunstwerke den Raum, der Titel „paintingexposure – bewegte Momente“, den Antje Kern der Ausstellung gegeben hat, gibt einen Hinweis auf die Entstehungsart der Abbildungen, die man vielleicht nicht gleich auf den ersten Blick als Fotografien, sondern eher als poetische Malereien in erstaunlichen Farben empfinden mag.

Erhard Scherfer, selbst Ehrenamtlicher im Haus St. Martin und dort auch schon ausstellender Künstler, führte als „Leib-Laudator“ (er hat schon mehrere Ausstellungen der Künstlerin begleitet) in die Biografie und das Schaffen der Porträtfotografin ein. Waren von ihr bisher eher dokumentarische Bildreihen über Obdachlose oder Straßenfotografie in südlichen Ländern zu sehen, so unterschieden sich die sieben Werke, die nun von den Wänden des Hauses St. Martin glänzten, vehement davon. „Neu hinzugekommen ist nun fototechnisch lapidar ausgedrückt „Wischbilderfotografie“, oder treffender ausgedrückt "die poetische Fotografie“, stellte Scherfer die zwischen 2008 und 2019 entstandenen großformatigen Kunstwerke vor.

Die Wischbilderfotografie wird von Fotografen in verschiedenen Arten angewandt. „Sie alle kennen vielleicht schon das Malen mit Licht mit Hilfe einer Taschenlampe oder das Einsammeln etwa von Sternenlicht, auch der Schwung-Effekt vom Mitziehen der Kamera mit Objekten oder Menschen während der Belichtungszeit sind schon bekannt“, zählte Scherfer auf. Antje Kern hat für ihre fotografischen Malereien noch eine andere Technik entdeckt: Sie bewegt ihre Kamera während der Belichtungszeit über ein ruhendes Motiv. „Per Kameraschwenk zauberst du aus einer konventionellen Landschaftsaufnahme einen Hingucker“, formulierte Scherfer genauso beeindruckt wie die Besucher der Vernissage, „diese Fotos haben eine Anmutung wie die Werke impressionistischer Maler.“ Dabei erzielt die sympathische Fotografin und Künstlerin die besonderen Bildeffekte allerdings nicht mit einer Nachbearbeitung der Foto-Dateien am Computer, sondern unmittelbar während der Aufnahme. Durch die Kamera-Bewegung im Augenblick des Auslösens wird das Motiv fließend, es verändert sich, wird unwirklich. „Oft ist das ursprüngliche Motiv gar nicht mehr wieder zu erkennen – aber das Zusammenspiel von Licht, Farben und Strukturen macht den Reiz aus“, beschreibt der Laudator die Kunstwerke. Er machte den Gästen der Vernissage klar, dass bei dieser besonderen Technik die Ergebnisse allerdings nie vorhersehbar sind. „Es kann also durchaus sein, dass du stundenlang mit dieser Technik arbeitest – um am Ende festzustellen, dass nichts für dich Brauchbares unter den entstandenen Bildern ist“, wand er sich an Antje Kern, die ihm dies lachend bestätigte. „Wenn aber doch, dann erscheint dem Betrachter an den Wänden gemalte Poesie“, stellte der Laudator fest, „gegenstandslos, geheimnisvoll, rätselhaft und harmonisch in den Farben. Für die Augen des Betrachters eine Wohltat.“

Wer sich diese „Augen-Wohltat“ selbst anschauen möchte: Die Ausstellung „paintingexposure – Bewegte Momente“ ist noch bis zum 21. Februar während der Öffnungszeiten des Hauses St. Martin zu sehen.

Kommentare

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
Sicherheitsprüfung
Diese Frage hat den Zweck zu testen, ob Sie ein menschlicher Benutzer sind und um automatisierten Spam vorzubeugen.
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.


X