Viel Lob für das Krifteler Voltigierwochenende

Der Reit- und Fahrverein Kriftel wird in diesem Jahr 90 Jahre alt / Hitze stand dem Jubiläumsturnier nicht im Weg

Auch schon in der Leistungsklasse L ist die Schwierigkeit der Übungen nicht zu unterschätzen.

Der Krifteler Reit- und Fahrverein feiert in diesem Jahr sein 90-jähriges Bestehen, und auch anlässlich dieses Jubiläums fand am vergangenen Wochenende ein großes zweitägiges Voltigierturnier auf dem vereinseigenen Gelände an der Straße "Auf der Hohlmauer" statt. Früh morgens um 9.30 Uhr ging es am Samstag bereits los, bei noch erträglichen sommerlichen Temperaturen - im weiteren Verlauf des Tages bahnte sich dann eine waschechte kurze Hitzewelle ihren Weg, die ausgerechnet über die beiden Turniertage hinweg andauern sollte und allen Beteiligten Temperaturen bis zu 36°C bescherte. Vage Befürchtungen der Veranstalter, dass die Wetterbedingungen womöglich der Programmplanung einen Strich durch die Rechnung machen könnten, erwiesen sich jedoch glücklicherweise als unbegründet: Letztendlich konnten über beide Wettkampftage hinweg alle Wettbewerbe trotz der Hitze stattfinden. "Damit das Tierwohl sichergestellt werden konnte, prüfte die Turniertierärztin bei vielen teilnehmenden Pferden auf freiwilliger Basis den Puls. Alle Pferde hatten kurze Zeit nach der Belastung wieder einen normalen Puls, und daher konnten wir als Veranstalter die Wettbewerbe guten Gewissens stattfinden lassen", berichtet Hanna Beerenwinkel, Pressewartin des Reit- und Fahrvereins Kriftel, im Gespräch mit dieser Zeitung.

Das gesamte Vereinsgelände wurde für das Turnier genutzt, vier sogenannte Vorbereitungszirkel standen den Teams im rotierenden System zur Verfügung: Am weitläufigen Bereich hinter den Hallen kamen die Pferde an, Pferde und Voltigierer konnten sich auf dem Springplatz aufwärmen, dort durfte (mit Helm) geritten und longiert werden. Es folgte stets der Wechsel in die kleine Reithalle, wo sich die Teams noch ein letztes Mal auf den tatsächlichen Wettkampf vorbereiten konnten. Und dann ging es schließlich rüber in die große Halle, die am Vortag von der Turnierleitung und allen Krifteler Startenden stundenlang aufwendig geschmückt wurde. Viele Kinder und deren Eltern haben an der Turniervorbereitung aktiv mitgewirkt.

Sichtung für den 5-Länder-Vergleichswettkampf

In Hessen gibt es mehrere Leistungsklassen, von "L" (leicht) über "M" (mittel) bis "S" (schwer). Am Samstagmorgen ging es los mit den Anfängern und den leichten Gruppen - wobei die Bezeichnung "leicht" trügt: Dass auch hier schon ein stattlicher Schwierigkeitsgrad abgerufen wird, stellt jeder fest, sobald er sich eine solche Übung einmal anschaut.

Die beiden Wettkampftage in Kriftel reihten sich ein in eine Serie von fünf Turnieren vor den Sommerferien, bei denen auch die hohen Leistungsklassen starten können - die entscheidende Bedingungen hierfür ist eine ausreichend hohe Halle. Somit ist das Krifteler Turnier eines der wenigen, das auch M- und S-Gruppen die Teilnahme ermöglicht.

Für die M-Gruppen handelte es sich am vergangenen Wochenende sogar um ein Sichtungsturnier, bei dem die Voltigierbeauftragten von der hessischen Landesvertretung sich ein Bild darüber verschaffen wollten, wer als Teilnehmer für den 5-Länder-Vergleichswettkampf in Frage kommt. Dort messen sich im Herbst die Landesverbände Hessen, Rheinland-Pfalz, Westfalen, Saarland und Rheinland - ein traditionsreicher Wettbewerb, der bereits seit mehreren Jahrzehnten ausgetragen wird.

Corona erschwerte auch das Voltigieren

Natürlich machte die Corona-Pandemie auch vor dem Voltigiersport nicht halt. Somit handelte es sich bei diesem Voltigierturnier um das erste seiner Art in Kriftel nach einer ungewollt langen, mehrjährigen Pause. Im Gegensatz zum Reiten lebt das Voltigieren viel stärker auch vom Kontakt der Teammitglieder untereinander - zuweilen ist man ja auch zu zweit oder dritt gleichzeitig auf einem Pferd - und deshalb war die Ausübung dieses Sports in der ärgsten Phase der Pandemie zeitweise sogar verboten. "Wir hatten einen Winter, da haben wir echt nur Onlinetraining gemacht", so Hanna Beerenwinkel, "das war wirklich hart". Im vergangenen Winter setzte eine gewisse Entspannung ein, das vereinseigene Gelände war zugänglich und man konnte wieder "live vor Ort" trainieren - aber es war schon spürbar, dass die Sportlerinnen und Sportler durch die Zwangspause ein Stück weit aus dem Takt geraten waren. Auch die Leistungsklassen wurden vorübergehend quasi "eingefroren": Ohne reguläre Turniere konnte man sich nicht zeigen und sein Leistungsvermögen unter Beweis stellen. Normalerweise muss man regelmäßig Punkte sammeln, um die eigene Leistungsklasse zu halten - diese Regelung wurde in Pandemiezeiten ausgesetzt. Im Sommer 2021 gab es nur Probeturniere, die vor dem Hintergrund der Pandemie freier als üblich gestaltet werden konnten. Und nun findet endlich wieder eine ganz normale Saison statt, natürlich zur großen Freude aller Beteiligten.

In mancherlei Hinsicht erwies sich die Pandemiepause auch durchaus als inspirierend und impulsgebend. Das kennt man auch aus anderen Sportarten: Beim Fußball waren in Pandemiezeiten plötzlich fünf Auswechslungen pro Team erlaubt - diese Ausnahme-Regel entpuppte sich bei den Verbänden und Vereinen als außerordentlich beliebt, trägt sie doch zur Schonung der Spieler im dichtgedrängten Terminkalender bei. Inzwischen wurde aus der einstigen Ausnahme eine dauerhafte Regeländerung.

Beim Voltigieren wird derzeit der Faktor "Schwierigkeit" in den Leistungsklassen M und L nicht bewertet, sondern nur die Ausführung. Diese Änderung zollt der Tatsache Tribut, dass in den letzten beiden Pandemiejahren weniger trainiert werden konnte und hat den begrüßenswerten Effekt, dass die Teams wieder mehr Wert auf Sicherheit legen und damit Stress und Verletzungsgefahr sinken. Ein Pilotprojekt, das bislang gut bei den Voltigierern ankommt und sich womöglich auch dauerhaft durchsetzen könnte.

Positives Fazit

Gegen 10.30 Uhr schlug dann am Samstag die große Stunde für die "Lokalmatadoren" des Krifteler L-Teams mit Longenführerin Lydia Ipach und Pferd Pamut. Unter großem Beifall der zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauer (pünktlich zur Übung war das wettkampferfahrene Publikum dann natürlich mucksmäuschenstill) stellte das Team bei der Gruppen-Voltigier Prüfung Klasse L sein Können unter Beweis.

Letztendlich konnten über die beiden Wettkampftage hinweg alle Krifteler Mannschaften ihr Programm zeigen, die Teams waren sehr zufrieden. "Von den Vereinen, die bei uns zu Gast waren, haben wir viel positives Feedback für die Turnierorganisation erhalten", so das abschließende Resümee von Hanna Beerenwinkel. Die Turnierstimmung war durchgehend sehr fröhlich, und alle haben sich sehr darüber gefreut, endlich wieder an einem Turnier in Kriftel teilnehmen zu können.

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