Das Interesse der Bischofsheimer an ihrem Ersatzbau für die weggefallenen Vereinsräume im Darmstädter Hof war bei der Einweihung in der vergangenen Woche jedenfalls riesig. Der große Raum in dem völlig neu gestalteten Inneren der einstigen Umspannstation war überfüllt, als der bei geförderten Projekten wohl unvermeidliche Rede- und Grußwort-Marathon zur Überabe einsetzte.
In rund zwei Jahren ist aus dem völlig zugewachsenen Überbleibsel einer großen Bischofsheimer Zeit als Bahngemeinde ein Gebäude entstanden, das die historische, wenn auch nur rund 100 Jahre alte Fassade bewahrt und gleichzeitig ein modernen Ansprüchen genügendes Inneres bietet, inklusive vernünftiger Energiewerte.
„Stadtentwicklungsprozesse brauchen ihre Zeit“, betonte Werner Müller vom Hessischen Wirtschaftsministerium, dass es nicht so ungewöhnlich sei, wenn die Investitionen in die „Soziale Stadt“ nicht unbedingt so schnell sichtbar werden, wie viele Ortspolitiker das erwarten.
Dass das Gebäude nach dem Spielplatzbau zum Start des Programms vor sechs Jahren die erste von den Bürgern im Alltag nutzbare Neuerung in dem Gebiet darstellt, klingt in der Tat nach einer etwas mageren Zwischenbilanz. Das nächste, allerdings von einem privaten Investor angegangene Projekt, das auf dem Gelände der ehemaligen DB-Kantine entstehende Mehrgenerationenhaus, wird allerdings schon in absehbarer Zeit eine weitere, deutliche Belebung in den einst fast abgestorben wirkenden Bereich der Gemeinde bringen.
Wie bei so manchem der Projekten innerhalb des Programms „Soziale Stadt“, blieben auch Zweifel am Sinn des Umbaus des ehemaligen Trafohauses der Bahn Am Alten Gerauer Weg zum Vereinstreff nicht aus. Einerseits zu wenig sichtbare Ergebnisse der Sozialen Stadt-Projekts zu monieren, andererseits aber ein Projekt nur widerwillig zu unterstützen, das einen konkreten Raumbedarf der Vereine stillen hilft – da musste Bürgermeister Reinhard Bersch bei seiner Ansprache dann doch mal darauf hinweisen, dass das von ihm favorisierte Projekt in der Gemeindevertretung auf deutlichen Gegenwind gestoßen war.
Allerdings: Dass bei den Planungen von 200.000 Euro ausgegangen wurde, das Projekt aber letztlich bei 300.000 Euro Kosten landete, „das gab harte Wochen, als das bekannt wurde“, gab Bersch zu. Für Thomas Dilger, Geschäftsführer der Nassauischen Heimstätte-Projektstadt, ist das Bichofsheimer Trafohaus „ein Lehrstück der Städtebauförderung“. Dass es diese Projekte gebe, „darum beneidet uns die Welt“, ist Dilger überzeugt.
Er glaubt zudem, dass das Trafohaus die Verbundenheit der Gemeinde mit der Bahn wieder stärken wird. Dass das Vereinshaus eine wiederbelebte Bahnliegenschaft ist, wird wohl keine große Rolle spielen in den Köpfen der Nutzer, vermutete dagegen der Bürgermeister. „Die Identifikation mit der Bahn ist in Bischofsheim inzwischen weitgehend verloren gegangen“, glaubt er.
Den Nutzern dürfte die Lösung ihrer nun schon länger währenden Raumnot in der Tat wichtiger sein als Bahn-Nostalgik. Bisher haben der VdK, die Kreisvolkshochschule, eine DRK-Gruppe, die Generationenhilfe Mainspitze, das Bahnsozialwerk und der jüngst erst gebildete Ausländerbeirat ihren Einzug in das Gebäude beschlossen. Das Quartiersbüro der Sozialen Stadt, sprich die Mitarbeiter der Nassauischen Heimstätte, werden ebenfalls vom Provisorium am Bürgerhaus wieder ins Quartier zurückziehen.
Der Charme des Industriezeitalters blieb bei den umfangreichen Umbauarbeiten erhalten. Dass diese als Qualifizierungsmaßnahme der Kreisproduktionsschule durchgeführt wurden, ist ein Pluspunkt bei dem Projekt, der die Gemeinde nichts kostete. Jugendliche durften sich in verschiedenen Gewerken für den Arbeitsmarkt fit machen, viele von ihnen kamen auch zu der Einweihung. Ein Film über ihrer Arbeiten lief während der Ansprachen auf einem Bildschirm, auch eine Fotoausstellung gibt es von den Umbauarbeiten.
Aber es gab auch bürgerschaftliches Engagement für das Projekt. So bedachte Bersch den Architekten Hans Sponsel mit einem Präsent. Er hatte sich bei der Planung des Umbaus stark eingebracht.
Dass das Gebäude nicht nur in Bischofsheim seine Beachtung finden wird, versprach Landrat Thomas Will. Er sieht das Trafohaus als „dreifachen Leuchtturm“, nämlich in architektonischer, sozialer und – dank energetisch moderner Sanierung – auch in ökologischer Hinsicht. Und das Trafohaus wird im Kulturprogramm des Kreises seinen Platz bekommen, versicherte er. So werde das Gebäude in die Route der Industriekultur einbezogen. Im kommenden Jahr werde das Trafohaus zudem ein attraktiver Programmpunkt der „Kulturregion Rhein-Main“ sein, kündigte der Landrat an – und räumte seinen Stuhl in der ersten Sitzreihe für Ulrike Steinbach. Für die künftige Bürgermeisterin war auch eineinhalb Monate vor ihrem Amtsantritt noch kein Platz unter den Honoratioren der Gemeinde vorgesehen.
Dass auch Kultur einen geeigneten Raum in den Trafohaus-Räumen haben wird, zeigten Sängerin Marina Preuhs mit Gesangsstücken sowie die Malerin Ellen Ribbe, die einige ihrer Kunstwerke präsentierte.
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