Der erste Teil der Flörsheimer Kerb ist vorüber, aber sie ist noch lange nicht vorbei. Seit dem gestrigen Mittwoch ruht das Geschehen auf dem Festplatz am Konrad-Adenauer-Ufer zwar, aber dabei handelt es sich lediglich um ein traditionelles, zweitägiges Durchatmen, ehe es am Freitag in die zweite, deutlich kürzere Runde geht. Am Sonntagabend geht dann mit der Kerbeverbrennung auf der Wiese unterhalb des Weinprobierstandes zu Ende, was sich am ersten Wochenende so gut angelassen hat.
Die erst aus Mangel an aktiven Jahrgängen, dann endgültig durch die Coronazeit in die Krise gerutschte Flerschemer Kerb ist auf dem Weg zurück zu den guten alten Zeiten. Das deutete sich beim zweiten vom 2023 gebildeten "Förderverein Flörsheimer Kerbeborsch" verantworteten Fest an. Es gab zwar weiter keinen aktuellen Kerbejahrgang, der üblicherweise für die Organisation der Veranstaltung und die dazugehörenden Aktivitäten verantwortlich zeichnet. Aber das wird sich im und im Idealfall ab dem kommenden Jahr ändern
Denn der Förderverein hat inzwischen einen künftigen Kerbejahrgang aktiviert. Der ist aber in diesem Jahr, wie es aus gutem Grund üblich ist, erst einmal ins Lehrjahr gegangen, um 2026 zu wissen, was zu tun und zu regeln ist. Dann rücken die diesjährigen „Vize-Kerbeorsch“ ins Rampenlicht. Der inzwischen rund 100 Mitglieder zählende Förderverein um Daniel Dicks wird aber selbstverständlich weiter eine wichtige Rolle spielen. Dies schon aus rechtlichen Gründen, angesichts des jungen Alters der Aktiven.
Eine tragende Rolle spielen bei jeder Kerb seit jeher die treuen Mitglieder der ehemaligen Kerbejahrgänge, die ihre einheitlichen Sweater gut pflegen und bei den Jubiläen auch gerne neu auflegen und so ihr Outfit erneuern. Der Jahrgang 1984 stand angesichts seines 40-Jährigen Bestehens diesmal ein wenig im Mittelpunkt. Aber auch der 2005er- und der 2015er-Jahrgang waren stark präsent. Im Standartenhalter sammelten sich beim Frühschoppen am Montag immerhin 17 Fahnen an. Eine breite, deutlich stärkere Präsenz der Ehemaligen als noch im vorigen Jahr.
Startpunkt Kneipentour
Begonnen hatten die Aktivitäten wie gewohnt am Freitagabend mit einer Kneipentour der Ehemaligen, die sich dazu über die Gaststätten der Stadt verteilen. Im Vorfeld schon war der Kerbebaum im unteren Bereich der Pfarrer-Münch-Straße in Sichtweite des Kirchturms von St. Gallus aufgestellt worden. Wie voriges Jahr, durften die Aktiven dank der Wiederverwendung des Kerbebaumes, der schon bei der Wickerer Kerb im September zum Einsatz gekommen war, auf eine Tour in den Flörsheimer Wald verzichten.
Am frühen Freitagnachmittag öffneten erstmals die Stände auf dem Festplatz mitsamt einer guten Auswahl an Fahrgeschäften. Für drei der vorgesehenen Schausteller mussten die städtischen Organisatoren um Marktmeister Carsten Lehmann in den vergangenen Wochen allerdings wegen Absagen unvermittelt Ersatz organisieren. Letztlich blieben aber keine Lücken, zumal die fortlaufenden Arbeiten an der neuen Mainpromenade den Raum für die Fahrgeschäfte in Richtung Fluss in diesem Jahr noch begrenzten.
Das Festzelt fand sich wieder am westlichen Ende der Meile nahe der Platzzufahrt Am Stohpförtchen. Es stand am Samstagabend beim Kerbetanz (siehe Bericht) im Mittelpunkt der Aktivitäten. Die Nacht ist zumindest für die Kirchgänger unter den Aktiven relativ kurz. Am Kerbesonntag ist das Programm durch die Traditionen nämlich weitgehend vorgegeben. Die Kerbeaktiven sind am dritten Tag beim Festgottesdienst in St. Gallus dabei, gefolgt von einem anschließendem Umtrunk. Pfarrer Friedhelm Meudt schaute im Gegenzug am Montag beim Frühschoppen vorbei – man versteht sich von Kirche zu Kirchweihtraditionalisten.
Das Programm ist am Sonntag stramm, schon um 14 Uhr war Aufstelltermin für den Kerbeumzug, wie gewohnt an der Riedschule in der Hautplehrer-Urson-Straße. Eine halbe Stunde später ging es mit musikalischer Unterstützung durch den Flörsheimer Musikverein durch die Gassen, mit Zwischenstopp und Empfang am Rathaus. Zielstation war allerdings das Festzelt auf dem Kerbeplatz, wo schon das Kerbecafé auf die Jahrgänge wartete,
Ein Pflichttermin für alle Kerbe-Traditionalisten ist der Montagvormittag mit dem Frühschoppen. Da kommen im Festzelt weitgehend die zusammen, die sich mit ihren Jahrgangskumpels treffen wollen. Es geht um Babbeln, Trinken und Musik. Mit dem Wechsel bei der musikalischen Begleitung zu Solo-Unterhalter Hansi Schitter hat der Förderverein eine gute Entscheidung getroffen. Der Bodenheimer Österreicher bewies auf der Bühne des Festzeltes über mehrere Stunden ein enormes Durchhaltevermögen und versicherte den Flörsheimer Früschopplern durch ihre Anwesenheit eine perfekte Wochenplanung: „Wer montags ausgeht, muss sich um den Dienstag keine Sorgen machen.“
Im Gegensatz zum Wochenende war das Wetter auf dem, durch die noch geschlossenen Buden und Fahrgeschäfte am Montagvormittag ansonsten leeren Festgelände ziemlich mies. Aber als es um 14 Uhr an den unverzichtbaren Giggelschlag ging, der unbedingt auf die Straße gehört, kamen nur noch vereinzelte Tropfen von oben herab. Nachdem sich die Veranstaltung im Vorjahr doch arg hingezogen hatte, bis endlich alle Ton-Blumentöpfe zerlegt waren, genügten diesmal fünf Kandidaten und nach einer knappen halben Stunde waren alle Preise vergeben.
Ex-Kerbevadder Fabian Eufinger zog die Lose und musste mehrfach feststellen, dass die Erwerber nicht gekommen waren, um ihre Chance zu nutzen, bei verbundenen Augen mit maximal drei Schlägen mit dem Dreschflegel den Tontopf zu zerschmettern und sich so Gutscheine für einen Gaststättenbesuch zu sichern. Der zuerst zur Tat schreitende Yannick Buch vom Kerbejahrgang 2006 war sehr schnell durch mit seiner Zerstörungstat. Dennis Imlau und Marius Heinricht erledigten Topf zwei und drei. Zwei Kandidaten mussten allerdings auch feststellen, dass selbst die direkten Anweisungen der Umstehenden nicht ausreichten, um die Ausrichtung der Schläge passend zu justieren. Aber sonst wäre es ja auch keine Gaudi.
Mit dem Familientag, mit ermäßigten Preisen für die Fahrgeschäfte, ging der erste Abschnitt der Kerb am Dienstagabend zu Ende. Auch der „Nachkerbefreitag“ beginnt am Nachmittag wieder mit verbilligten Fahrten, diesmal auf den Karussells. Mit der Dunkelheit kommt der Dämmerschoppen im Festzelt, anders als beim Kerbetanz bei freiem Eintritt. DJ Kingdanger legt auf.
Der Nachkerbetanz am Samstagabend mit der „Q6 Band – Partykühe“ beginnt um 20 Uhr. Am Sonntagvormittag schließlich wird erneut die Anwesenheit der Jahrgänge beim Gottesdienst in St. Gallus erwartet, der Test, ob alle die Umstellung auf Winterzeit mitbekommen haben. Wer nicht, wird es bis 19.30 Uhr registriert haben, denn da steht der letzte Termin einer jeden Kerb an: Die Kerbeverbrennung auf der Wiese hinter dem Bootshaus.
Eine Stunde später gibt es noch ein großes Abschlussfeuerwerk – und dann die Bilanz im Förderverein, wie sich diese zweite Kerb unter seiner Regie gemacht hat. Nach den bisherigen Eindrücken recht gut, Stellschrauben zur weiteren Verbesserung gibt es freilich immer.




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