In der 135-jährigen Geschichte der Ginsheimer Wehr habe es erst einmal zuvor solch ein Ereignis gegeben, betonte Kaiser. Und das war am Beginn des 20. Jahrhunderts der Bau der jetzigen Feuerwache in der Schulstraße. Die wurde danach natürlich auch immer wieder umgebaut und erweitert. Aber längst war die Entwicklung an dem beengten Standort ausgereizt, an dem die neueren Feuerwehrwagen, die mit den Pferdekutschen der Anfangsjahre in der Schulstraße so gar nichts mehr gemein haben, beim Ausrücken an den oberen Torrahmen zu stoßen drohen.
Dem Spatenstich am neuen Standort war die Namensgebung für die Zufahrtstraße vorausgegangen, um den es in der Stadtverordnetenversammlung einige Diskussionen gegeben hatte. Nicht jeder fand es glücklich, im 21. Jahrhundert einer öffentlichen Straße den Namen eines Schutzpatrons zu geben, der zudem durch ein zweifelhaftes Prinzip Eingang in die Welt der Sprichworte fand.
Das Sankt-Florians-Prinzip war nicht gefragt bei der Finanzierung des Gebäudes, das mit allem Drum und Dran mit 4,36 Millionen Euro veranschlagt wird, eine Viertelmillion schießt das Land Hessen dabei zu. „Die Feuerwehr fordert nichts, was sie nicht wirklich für eine gute Arbeit braucht“, stellte Kaiser klar, dass die Planungen sich strikt an dem Bedarf eines Brandschutzes für die Bevölkerung auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Niveau orientierten.
Zuerst wird im nordwestlichen Eck des Geländes der neue Feuerwehrturm entstehen, der künftig schon von weitem gut sichtbar sein wird. Aber nicht als Wahrzeichen oder Orientierungspunkt in der weiten Flur wird der Turm gebraucht, es ist auch ein Übungsgebäude, das beide Stadtteilfeuerwehren nutzen werden, wie Kaiser erläuterte. Für das gesamte Projekt geht Planer Mathias Lengfeld vom Architekturbüro Lengfeld & Willisch von einer Bauzeit von 13 bis 14 Monaten aus, sodass den Ginsheimern im Frühjahr 2017 ein tolles Fest mit ihren glücklichen Feuerwehrmännern und -frauen bevorsteht.
Die Planung entspreche exakt dem, was nach den Vorgaben förderungsfähig war, betonte der Architekt einen wohlüberlegten Umgang mit den Geldern der Stadt. Die muss also keine Extragrößen oder –wünsche zusätzlich bezahlen, was bei der Kommunalaufsicht wohl auch nicht gut angekommen wäre. Dennoch erhalten die Ginsheimer selbstverständlich ein hochmodernes Feuerwehrgebäude, das keine Wünsche offen lassen wird.
Für Bürgermeister Richard von Neumann war der Spatenstich einer der Schlusspunkte seiner im Juni endenden Amtszeit. Dass er seine Ansprache in sehr gedämpfter Tonlage hielt, war aber nicht als Zeichen aufkommender Wehmut zu verstehen. Der Rathauschef hatte schlicht eine Erkältung mitgebracht, die auf die Stimmbänder schlug.
Der Bürgermeister schilderte den langen Weg der Planungen, die durch einen Bericht des Technischen Prüfdienstes im Jahr 2005 Fahrt aufnahmen. Denn die Behörde stellte „erhebliche Mängel in der räumlichen Ausstattung“ fest, die Atemschutzwerkstatt musste gar geschlossen werden. Im Jahr 2007 nahm eine Projektgruppe die Arbeit auf, die im Auftrag der Veraltung einen geeigneten Standort für einen Neubau finden sollte.
Die mit zu diskutierende Variante, ein gemeinsames Feuerwehrhaus für beide (damals) Gemeindeteile zu bauen, musste verworfen werden, als sich herausstellte, dass es schlicht keinen Standort gibt, von dem aus alle Ecken von Ginsheim und Gustavsburg bei einer Alarmierung in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit angefahren werden könnten. Im Jahr 2009 reduzierte sich die Suche auf zwei mögliche Standorte.
Den nun gewählten findet von Neumann durch die Nähe zum Neubaugebiet und den Einkaufmarkt ideal. Der erste Entwurf, der 2011 vorgelegt wurde, ist heute nicht mehr Grundlage der Umsetzung. Die Planungen wurden 2014 nach der Förderzusage des Landes Hessen entsprechend den Anforderungen angepasst. Die endgültige Planung verabschiedete die Stadtverordnetenversammlung im Juli 2015. Nachdem Ende des vergangenen Jahres die Ausschreibungen durchgeführt wurden, stehen die Chancen günstig, dass der Kostenrahmen eingehalten wird. Im alten Feuerwehrhaus in der Schulstraße fand nach dem symbolischen Sandschippen ein Umtrunk statt, bei dem auch die Baupläne und Entwurfszeichnungen zu sehen waren.