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Politischer Aschermittwoch der Grünen im Posthofkeller: Außenpolitik der neuen US-Regierung und Schuldenbremse im Fokus

mpk

Einmal mehr volles Haus im Posthofkeller: Die Hattersheimer Grünen feierten am Mittwoch der vergangenen Woche, 5. März, wieder ihren längst traditionellen Politischen Aschermittwoch im altbekannten Rahmen am gewohnten Ort. Vorstandssprecherin Karin Schnick, die ehemalige Erste Stadträtin von Hattersheim, hieß das überaus zahlreich erschienene Publikum zur nunmehr 26. Auflage der Veranstaltung herzlich willkommen. Zu den geladenen Gästen bzw. Rednerinnen und Rednern des Abends zählten unter anderem Bundestagsmitglied und Staatsministerin für Europa und Klima im Auswärtigen Amt Anna Lührmann, mit dem Bundestagsmitglied Omid Nouripour ein besonders regelmäßiger Gast beim Politischen Aschermittwoch in Hattersheim sowie der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Hessischen Landtag, Mathias Wagner.

Ebenfalls wieder vor Ort war Kordula Schulz-Asche. Auch sie übernahm schon häufig das Wort bei der Nach-Fastnachts-Feier der Hattersheimer Grünen. Seit 2013 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, in diesem Jahr hatte sich nicht noch einmal kandidiert. Karin Schnick rief sie kurzerhand zu sich auf die Bühne und dankte ihr für ihren nimmermüden Einsatz, insbesondere rund um die Themen Gesundheit und Senioren. Auf sie sei immer Verlass gewesen, so Schnick, und deshalb erhielt sie von der Basis an diesem Abend ein kleines Präsent.

Die aktuelle politische Lage ist stets ein zentrales Thema beim Aschermittwoch der Grünen, und Karin Schnick konnte hierzu leider kein allzu erbauliches Bild zeichnen: Europa sei bedroht, und es zeige sich mehr und mehr, dass auf unsere Verbündeten kein Verlass sei. "Trump trampelt auf den langjährigen transatlantischen Freundschaften herum und innerhalb Europas gewinnen die Rechten an Zustimmung." Man lebe momentan in Zeiten des Wandels - und das sind keine friedlichen Zeiten. Angesichts all dessen sei es sehr zu begrüßen, so Schnick, dass es in Europa dennoch eine gute Zusammenarbeit unter der Führung der Franzosen und Engländer gebe.

In Hinblick auf die nationale Politik macht Karin Schnick aus, dass das "Trump'sche Gebaren" wie ein Virus auch die deutsche Politik erreicht habe, wo - frei nach dem Motto: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern? - erst die Schuldenbremse im Wahlkampf als das einzig Wahre bezeichnet wurde, nur, um dann wenige Tage nach der Wahl genau das Gegenteil zu machen. Die hohen Investitionen in Militär und Infrastruktur könnten ja eigentlich auch im Sinne der Grünen sein - nur müsse man nun ganz genau schauen, in was das investiert werden soll. "Ist es Klimaschutz? Ist es Umweltschutz? Sind es nachhaltige Projekte?", ließ Karin Schnick anklingen, in welche Richtung hier gedacht und gehandelt werden müsse, damit die Grünen auch zustimmen können. Für die Grünen auf Bundesebene sei es jetzt nicht einfach zu entscheiden, wie man mit diesem neuen Szenario umgehen soll.

Parallelen zur Kehrtwende der Union in Sachen Schuldenbremse wittert Schnick auch auf kommunaler Ebene: Im Wahlkampf 2016 hätte die CDU mit der Kritik an der damaligen Grundsteuererhöhung durch Rot-Grün gepunktet und erklärt, dass sie diese in regierender Verantwortung wieder rückgängig machen wolle. Stattdessen wurde die Grundsteuer B weiter erhöht, bei einem von 30 auf 100 Millionen Euro angestiegenen Schuldenstand, trotz "sprudelnder Einnahmen" dank der vielen angesiedelten Rechenzentren.

Der Ortsverband wächst

Sehr erfreut war Karin Schnick über den personellen Zulauf, den der Ortsverband der Hattersheimer Grünen zuletzt verzeichnen konnte: Während im ersten Halbjahr 2024 zwei neue Mitglieder begrüßt werden konnten, sind allein seit Dezember 2024 sieben neue Mitglieder beigetreten, und zudem liegen schon sechs weitere Anmeldungen vor. Diese Zahl dürfte sich an diesem Abend im Posthofkeller noch erhöht haben, mindestens eine Zuschauerin fügte noch an, dass sie ihr Anmeldeformular in diesem Moment gerade ausfülle.

Angesichts der Kommunalwahlen im nächsten Jahr sind alle neuen Mitglieder herzlich eingeladen sich und ihre Ideen einzubringen und politisch aktiv auch auf die Listen zu gehen.

"Ein Waffenstillstand ist kein Frieden"

Der Hattersheimer Gregor Beck, Vorsitzender des Kreisvorstands der Grünen, begann seine Rede auch unter dem Eindruck der ersten beiden Monate der zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident. Die aktuelle Weltlage eigne sich kaum für lustige Reden. "Donald Trump wirft die Ukraine vor den Bus und lässt sie fallen." Den Eklat im Weißen Haus beim Treffen von Trump und Selenskyj am Freitag, 28. Februar, empfand Beck als "sehr schockierend". Beck hat selbst Konfliktforschung studiert und stellte klipp und klar fest: "Ein Waffenstillstand ist kein Frieden." Und dies gelte umso mehr für einen Waffenstillstand zu den Bedingungen des Aggressors.

Und auch Beck zeigte sich verärgert über den plötzlichen Sinneswandel seitens der Union in Sachen Schuldenbremse. Was gerade weltpolitisch passiert, insbesondere in Hinblick auf die USA und den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, sei keineswegs überraschend oder unvorhersehbar gewesen. "Robert Habeck hat im gesamten Wahlkampf und schon vor anderthalb Jahren gesagt: Wie brauchen ein Sondervermögen oder wir müssen über die Schuldenbremse reden." Weil man sonst notwendige Investitionen in die Infrastruktur in Deutschland nicht finanzieren könne. Selbstbewusst und kämpferisch resümierte Beck daher passend zur Natur der Veranstaltung an diesem Abend: "Das zeigt, dass wir Grüne die Partei sind, die in die Zukunft denkt und die Probleme erkennt, wenn sie schon am Horizont sind, und nicht erst um den heißen Brei herumredet."

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