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Rubrik: Bischofsheim
29.09.2011
Steinbach darf mit verlässlicher Mehrheit rechnen

SPD-Ortsvereinschef Andreas Soliga, GALB-Fraktionsmitglied Jürgen Hasper, SPD-Fraktionschef Andre Rüggeberg, GALB-Chef Wolfgang
Bleith und GALB-Beigeordneter Dieter Beorchia (v.l.) haben einen Themenkatalog zusammengestellt, der die Ziele der vereinbarten Zusammenarbeit
in der Gemeindevertretung formuliert.
BISCHOFSHEIM (gus) – Wer die bundespolitischen
Trends betrachtet, bemerkte zuletzt ein verstärktes
Zusammenrücken von SPD und Grünen,
die Kräfte gegen die parlamentarische Mehrheit
von Schwarz-Gelb bündelnd. Daher verwunderte
es im Frühjahr schon ein wenig, dass SPD und
GALB sich nach der Kommunalwahl am 27.
März, bei der sie in der Bischofsheimer Gemeindevertretung
eine rot-grüne Mehrheit erreichten, so
gar nichts verlauten ließen von einer wie auch immer
gearteten Zusammenarbeit.
Das war nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben,
wie sich nun zeigt. Fast fünf Monate später –
Oster- und Sommerferien sind vorüber, der Amtswechsel
im Rathaus ist vollzogen – luden die Fraktionsspitzen
und Vorstände von SPD und GALB zu
einer Presseveranstaltung und verkündeten eine
enge Zusammenarbeit der beiden Fraktionen in der
Gemeindevertretung. Nicht als Koalition, sondern
als „Vereinbarung“ konkreter Ziele für die laufende
Wahlperiode.
Dadurch soll nicht zuletzt Ulrike Steinbach
(SPD), die seit 1. Juli den Sozialdemokraten nach
zwölf Jahren Unterbrechung wieder den gewohnten
Bürgermeisterposten bescherte, für ihre Arbeit
eine verlässliche Mehrheit erwarten dürfen, zumindest
so lange es die in dem Papier aufgeführten
Themen betrifft.
Es ist in gewisser Weise natürlich ein Konsenspapier,
das SPD und GALB da gebastelt haben,
aber die Übereinstimmung in den Themengebieten
ist zwischen den Parteien doch so groß, dass eine
recht umfassende Themensammlung entstanden
ist. Die allerdings auf zwei DIN A 4-Seiten passt
und somit nicht gerade mit Details glänzt.
Es sind grobe Überschriften, die mit Leben zu
füllen sind“, stellt GALB-Vorsitzender Wolfgang
Bleith klar, dass die Tiefe der inhaltlichen Festlegungen
bei den einzelnen Themen noch nicht sehr
groß ist. Dass Steinbach die Direktwahl für das Bürgermeisteramt
gewann, bestärkte die Fraktionen in
ihrer Zusammenarbeit. „Mit dem Wechsel an der
Spitze können wir jetzt wesentlich mehr erreichen“,
betont SPD-Fraktionschef Andre Rüggeberg.
Nicht nur über die Inhalte sprachen die Fraktionen
und Parteien, auch den Politikstil. „Bürger und
Bedienstete sollen stärker beteiligt werden“, erläutert
Bleith. Besonders deutlich wird dies beim
Haushalt auffallen. Steinbach war bereits mit dem
Ziel der Einführung eines „Bürgerhaushaltes“ in
den Wahlkampf gegangen und findet damit die
volle Unterstützung der Grünen. Ab dem geplanten
Doppelhaushalt 2013/14 bedeutet dies konkret,
werden die Änderungen an den Etatentwürfen der
Verwaltung nicht mehr im stillen Kämmerlein zwischen
den Faktionen ausverhandelt, sondern bei
Bürgerversammlungen mit denen, die das Ganze
letztlich zu bezahlen haben – eben den Bürgern –
ausdiskutiert.
Natürlich hätten SPD und GALB sich auch in einer
förmlichen Koalition zusammentun können.
Besonders für Steinbach wäre das eine noch solidere
Basis, denn das dazugehörige Koalitionspapier
hätte wesentlich konkreter und detaillierter als
die jetzt vorliegende Vereinbarung Zielsetzungen
für die kommenden Jahre beschrieben.
So könnte bei der jetzigen Basis der Zusammenarbeit
zum Beispiel niemand der GALB politisch
an den Karren fahren, sollte sie in der Gremienarbeit
die konkrete Ausgestaltung, die die SPD sich
zu einem der bisher nur grob umrissenen Punkte
ausdenkt, ablehnen. Die GALB, die keine Bürgermeisterin
zu stützen hat, ist bei der jetzigen Konstruktion
deutlich weniger abhängig vom Funktionieren
der Kooperation als die Sozialdemokraten.
Das könnte als ungesundes Interessen-Ungleichgewicht
interpretiert werden.
Die Akteure der beiden Parteien sehen derzeit
freilich keinen Grund, Zerwürfnisse herbeizuahnen.
Bei den im Papier festgehaltenen Themen gehen
sie zudem fest davon aus, dass es keine Probleme
geben wird, sie im breitem Konsens mit Inhalten
zu füllen.
Wir haben unsere Programme übereinander gelegt
und festgestellt, dass die Themen sich weitgehend
decken“, betont Bleith eine solide Basis der
Zusammenarbeit. Und Koalition, sagt etwa SPDChef
Andreas Soliga ganz ehrlich, das ist sowieso
eher etwas für professionelle Landes- oder Bundespolitiker
als für Feierabendpolitiker einer
12.000-Einwohner-Gemeinde.
Die GALB hat zudem bei einem Koalitonsversuch
mit der CDU Mitte der 90er-Jahre deutlich
Schiffbruch erlebt, ist auch Wolfgang Bleiths Lust
auf eine politische Ehe begrenzt.
Klar, dass wir uns zu dem einen oder anderen
Thema streiten werden“, sagt Soliga voraus. Und bei den nicht vereinbarten Themen haben beide
Fraktionen in ihrer Haltung zu den Anträgen des
Partners sowieso Narrenfreiheit. Beide wollen
auch die beiden anderen Fraktionen bei der Ausarbeitung
der Anträge keineswegs ausgrenzen. „Das
wird der Unterschied zu den vergangenen Jahren
sein, als die Entscheidungsfindung nicht so transparent
war“, sagt Soliga.
Die Mehrzahl der Anträge im politischen Alltag
kommt gewöhnlich aus dem Rathaus. Es ist die politische
Praxis, dass Steinbach künftig keine Papiere
vorlegen wird, die nicht zuvor von ihrer Fraktion
gesehen und gegebenenfalls auf mehrheitsfähig
getrimmt wurden. „Ich werde alle anderen Fraktionen
genauso informieren“, verspricht Steinbach,
zumindest bei der Grundlagenarbeit, trotz der Bindung
an die Fraktion keine Ungleichbehandlung
der vier Gruppierungen im Parlament.
Und nicht zuletzt das ist es, was die Grünen hoffen
lässt, dass Bischofsheim künftig besser vorbereitete
Politik erleben wird. „Der bisherige Bürgermeister
hat nicht informiert, und er hat sich keine
Mehrheiten gesucht“, schiebt Bleith Reinhard
Bersch die Verantwortung für die bisweilen
äußerst zähe Gremienarbeit in Bischofsheim zu.
Das Vertrauen der GALB, dass dies unter Steinbach
besser laufen wird – und das nicht nur mit ihrer
eigenen Partei – scheint bei den Grünen stark
ausgeprägt.
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